Politik/Ausland

Warum China 1.300 Tote nachmelden musste

Es waren offenbar doch 1.290 mehr. Wuhan, die chinesische Millionenmetropole, von der aus das Coronavirus sich nach heutigem Wissensstand verbreitet hat, hat die Zahl der Toten am Freitag korrigiert. Und die Korrektur war signifikant. Um 50 Prozent mehr waren es, also insgesamt 3.869, heißt es jetzt, statt bisher 2.579. Damit sind in ganz China bis dato 4.632 Menschen an den Folgen einer Coronavirus-Erkrankung gestorben.

Der Verdacht war in den vergangenen Monaten mehrmals ausgesprochen worden, auch von höchsten Stellen. Den Zahlen aus China könne man nicht so recht Glauben schenken. Zuletzt veröffentlichte die Nachrichtenagentur AP Recherchen, die beweisen sollen, dass Chinas Führung zumindest sechs Tage lang von dem Ausmaß des Virus wusste, bevor sie Maßnahmen ergriff und die Bevölkerung informierte.

Die Korrekturen kamen nach der behördlichen Überarbeitung der Statistiken, so die staatsnahe Nachrichtenagentur Xinhua. Man stelle dadurch auch die "Glaubwürdigkeit der Regierung" wieder her.

"Es hat nie eine Vertuschung gegeben, und wir werden nie eine Vertuschung zulassen", sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Zhao Lijian, am Freitag vor Reportern in Peking.

Überforderung als Argrument

Grund für die Korrektur vom Freitag seien unter anderem die vielen zuhause verstorbenen Chinesen. Zu Beginn der Krise seien etliche Patienten nicht in die Krankenhäuser aufgenommen worden, meldete ein Beamter gegenüber Xinhua. "Ein paar medizinische Einrichtungen haben sich nicht rechtzeitig mit dem System zur Vorbeugung und Kontrolle verbunden", wird er zitiert.

Es sei zu "verspäteten, fehlenden und falschen" Berichten gekommen, weil Krankenhäuser und Ärzte überfordert waren. Deshalb fehlten bei manchten Toten die  Angaben über die Todesursache.

Zwar gibt es wieder mehr neue Infektionen in China, die Gesundheitskommission legt aber immer wieder starken Wert darauf, dass viele der Fälle "importiert" seien. Auch bei den Infektionen ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, heißt es in Medienberichten.

"Gesichtsmasken-Diplomatie"

Die chinesische Regierung versucht sich momentan weltweit in einer Art "Gesichtsmasken-Diplomatie", wobei sie Schutzkleidung, medizinisches Equipment und Know How etwa nach Europa exportiert, um sich nachhaltig Freunde zu machen und Einfluss zu sichern. Gleichzeitig wird das Regime aber heftig kritisiert – unter anderen von den USA, Frankreich und Großbritannien –, weil man den Zahlen nicht vertraut und ihm vorwirft, das Ausmaß der Krankheit anfangs vertuscht zu haben.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte zudem den Umgang Pekings mit dem Virusausbruch infrage gestellt. Macron sagte der "Financial Times" unter anderem, es sei "naiv" zu behaupten, dass Chinas Krisenmanagement besser sei als das anderer Länder. "Es sind offensichtlich Dinge geschehen, von denen wir nichts wissen", sagte er weiter.

Der Druck auf China hat sich in den vergangenen Tagen erhöht. Neben der Kritik am Krisenmanagement meldete die US-Regierung am Donnerstag außerdem, dass sie Berichten nachgehe, wonach die Coronavirus-Pandemie ihren Ausgang in einem Forschungslabor im chinesischen Wuhan genommen haben könnte.

China, dessen Wirtschaft nach jahrzehntelangem Wachstum im ersten Quartal des Jahres um 6,8 Prozent eingebrochen ist, ruft zum internationalen Zusammenhalt auf: "Es ist unerlässlich, dass sich alle Länder zusammenschließen, um die Epidemie zu bekämpfen und den Krieg zu gewinnen", hieß es beim Außenministerium in Peking.

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