Politik/Ausland

UN für Biden im Zeichen von "Kooperation statt neuem Kalten Krieg"

Als am Dienstag in New York die Vertreter von 193 Staaten persönlich und virtuell zusammentrafen, um über die wichtigsten globalen Themen zu sprechen, warnte UN-Generalsekretär António Guterres gleich zu Beginn, die Welt sei noch nie gespaltener gewesen. Man befinde sich "am Abgrund" und bewege sich "in die falsche Richtung".

Guterres habe "die zwei großen Krisen angesprochen, Covid-19 und die Klimakrise", kommentierte Bundespräsident Alexander Van der Bellen gegenüber der ZiB2 aus New York. Er war mit Kanzler Sebastian Kurz und Außenminister Alexander Schallenberg angereist. Im Falle der Covid-19-Pandemie sei es ein Problem, "dass der industrialisierte Norden Impfstoffe zuhauf habe, während der globale Süden zu wenig" zur Verfügung habe. "Die Pandemie ist erst unter Kontrolle, wenn es in allen Ländern so ist", mahnt der Präsident. Angesprochen auf die noch hinterherhinkende Durchimpfungsrate in Österreich verwies Van der Bellen auf ähnliche Situationen in anderen Ländern. Er hoffe aber, "dass sich die Einsicht in den kommenden Wochen durchsetzt".

Doch nicht nur Corona und das Klima standen im Fokus der 76. Generalversammlung. Auch die Spannungen zwischen China und den USA sorgen seit Jahren für Besorgnis. Die mit Spannung erwartete Rede von US-Präsident Joe Biden sorgte insofern für ein leichtes Aufatmen, als dass er sich - erneut - von seiner versöhnlichen Seite zeigte. Er streckte die  Arme in alle Himmelsrichtungen aus – auf der Suche nach Verbündeten für eine "bessere Zukunft für alle". "Dies ist ein entscheidendes Jahrzehnt für unsere Menschheit. Wir legen jetzt die Weichen zur Bewältigung aller Krisen, die nun auf uns zukommen", so der 78-jährige.

Die USA seien "bereit, mit all jenen Staaten  zusammenzuarbeiten, die ebenfalls für Frieden auf dieser Welt einstehen", sagte Biden und bekannte sich in diesem Zusammenhang auch zu einer Rückkehr zum Atomdeal mit dem Iran. Die Antwort des iranischen Präsidenten in einer Videobotschaft: "Die Islamische Republik hält Gespräche für sinnvoll, deren Ergebnis die Aufhebung aller Sanktionen ist", sagte Ebrahim Raisi.

"Kein neuer Kalter Krieg"

Und in Richtung China sagte Biden: "Wir wollen weder einen neuen Kalten  Krieg noch eine Spaltung der globalen Gesellschaft", ohne Peking aber explizit anzusprechen.

Bundeskanzler Sebastian Kurz freute sich über die versöhnlichen Worte, wie er in einem Interview mit der APA sagte. Die Welt erlebe einen "Wettlauf zwischen den USA und China um die globale Vorherrschaft". Kurz gefalle, dass hier nicht "Öl ins Feuer gegossen" worden sei.

Chinas Staatschef Xi Jinping schickte später eine Videomessage, in der er  ebenfalls die Wichtigkeit internationaler Zusammenarbeit – aber auch des gegenseitigen Respekts betonte. Dialog und Inklusion müssten statt Konfrontation und Ausgrenzung angestrebt werden, sagte Xi. Auch er betonte die Wichtigkeit internationaler Zusammenarbeit. "Unterschiede und Probleme zwischen Ländern, welche kaum vermeidbar sind, müssen durch Dialog und Zusammenarbeit auf der Grundlage von Gleichberechtigung und gegenseitigem Respekt behandelt werden", sagte Xi. Dialog und Inklusion müssten statt Konfrontation und Ausgrenzung angestrebt werden, sagte Xi. Beim Thema Klimawandel mahnte Xi zu mehr Anstrengungen beim Abbau von Emissionen und kündigte an: "China wird die Unterstützung anderer Entwicklungsländer bei der Entwicklung grüner und kohlenstoffarmer Energie verstärken und keine neuen Kohlekraftwerke im Ausland bauen."

UN-Generalsekretär Guterres hatte im Voraus seine Besorgnis gegenüber den verhärteten Fronten zwischen den Weltmächten USA und China geäußert.

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Die Folgen des U-Boot Streits

Bidens Aufruf zur Zusammenarbeit erschien angesichts des aktuellen U-Boot-Streits jedoch paradox: In den vergangenen Tagen hat sich der Konflikt zwischen den USA und Frankreich verhärtet, Paris hat seine Botschafter aus den USA und Australien zurückgerufen, Präsident Emmanuel Macron blieb Bidens Rede aus Protest fern. Den aktuellen Streit thematisierte Biden jedoch mit keinem Wort.

VdB für Flüchtlingsaufnahme

Auch anderen strittigen Punkten wich der US-Präsident in seiner Rede geschickt aus: Die Verantwortung der USA an der humanitären Katastrophe in Afghanistan thematisierte Biden mit keinem Wort, er erinnerte lediglich an die Einhaltung der Menschenrechte – und kündigte an, die bereits im April verdoppelten öffentlichen Hilfsgelder noch einmal zu verdoppeln.

Für die Vertreter der österreichischen Regierung war Afghanistan heute auch Thema eines weiteren Treffens in der Ständigen Vertretung Österreichs. Bei einem Runden Tisch zu dem Thema haben sich die Vertreter der teilnehmenden Staaten und internationalen Organisationen ausgetauscht und sich zu weiterer humanitärer Hilfe für Afghanistan bekannt. Außenminister Alexander Schallenberg: „Die Machtübernahme durch die Taliban ist eine politische Krise, eine Sicherheitskrise, eine humanitäre Krise und vor allem eine menschenrechtliche Krise. Afghanische Frauen und Mädchen stehen im Zentrum dieses Sturms." Fortschritte der letzten Jahrzehnte, so der Minister, dürfen nicht "wie eine Seifenblase zerplatzen". Deshalb wolle Österreich seine "Partnerschaft mit dem afghanischen Volk fortsetzen", so Schallenberg.

Dass Afghanistan nicht eines der zentralen Themen bei der Vollversammlung war, überraschte den österreischischen Präsidenten Van der Bellen. "Afghanistan war Thema, aber nicht so beherrschend, wie man es hätte erwarten können", sagte er in der ZiB2. Und weiters sprach er sich indirekt für die Aufnahme von Afghanen und Afghaninnen in Österreich aus: Der Westen, so Van der Bellen, habe "ein Eigeninteresse, dass die Situation nicht eskaliert". Der Präsident warnt vor Vertrrauensverlustes der Verbündeten in der Region, wenn man jetzt nichts tue. Das beziehe sich nicht auf "völkerrechtliche oder moralische Verpflichtungen", sondern auf "nüchterne außenpolitische" Überlegungen.

Van der Bellen kenne "einige Bürgermeister, die sich durchaus bereiterklärt haben, eine bestimmte Anzahl von Familien aufzunehmen". Und weiter: "Ein wirkliches Problem wäre das nicht."

Österreich unterstütze Afghanistan mit 20 Millionen Euro Soforthilfe, heißt es aus dem Bundeskanzleramt. Davon gehen fünf Millionen an UN Women für eine Reihe von Maßnahmen zum Schutz von Frauen und Mädchen in Afghanistan und der Region.