2022 kommt Gegenwind für Europas Rechtsstaat-Rüttler auf
Seit Jahren spitzt sich der Streit innerhalb der EU zu – mit dem vorläufigen Höhepunkt, den Polens Verfassungsgericht setzte: Es erklärte, dass Polen sich nicht mehr an alle Urteile des Europäischen Gerichtshofes halten müsse. Ungarns Premier Viktor Orbán macht es noch viel länger vor: Er schimpft über die EU, während der demokratischen Vielfalt im Land das Wasser abgegraben wird. Tendenzen, die auch bei Sloweniens Premier Janez Jansa auf Gefallen stießen.
Doch nächstes Jahr könnte sich in allen drei Ländern einiges ändern – mit Folgewirkungen für die gesamte EU.
Der Wind des Wandels könnte zunächst durch Ungarn wehen: Da steht dem national-konservativen Premier Viktor Orbán nach fast 12 Jahren ununterbrochener Regierungszeit bei den Wahlen im April erstmals ein ernsthafter Konkurrent gegenüber. Péter Márki-Zay vereint die gesamte Opposition des Landes hinter sich mit dem Ziel – Orbán zu schlagen. Noch hat der Premier alle Vorteile in der Hand: Die unabhängigen Medien brachte er fast zum Verstummen, die Justiz agiert in seine Richtung, die Verfassung wurde zugunsten der Fidesz-Partei verändert. Doch verliert der 58-Jährige die Wahl, wäre es schnell vorbei mit den Dauerkämpfen zwischen Budapest und Brüssel.
Wahlen stehen in Polen zwar erst 2023 an, doch das große Druckmittel, das in Warschau eine Kursänderung bringen könnte, heißt Geld: 36 Milliarden Euro würde die Regierung aus Brüssel erhalten – aber erst, wenn Polen den Abbau seiner unabhängigen Justiz rückgängig macht. Bisher zeigte sich Polens mächtigster Politiker, Jaroslaw Kaczynski, unnachgiebig. Den 72-jährigen, erzkonservativen Vizepremier kümmert es wenig, was die EU kritisiert. Doch in Polen wächst der Druck: Auf so viel Geld könne man nicht einfach aus Bestemm verzichten – hofft man zumindest in Brüssel.
In Slowenien muss sich auch Premier Janez Jansa, Politiker mit Hang zum Autoritären, in der ersten Hälfte 2022 einer Wahl stellen. Seine Wiederwahl ist alles andere als sicher.