Internationaler Bosnien-Beauftragter: "Dodik benimmt sich wie ein Holzfäller"
Von Mirad Odobašić
"Ich wünschte, ich müsste nicht handeln, ich müsste nicht eingreifen, aber bei allem Respekt vor denen, die sich darum kümmern, in diesem Land sind die Leute einfach alle so nervös". Klare Worte fand Christian Schmidt in der zentralen Nachrichtensendung des bosnisch-herzegowinischen Staatssenders RTVFBiH. Der Repräsentant der internationalen Gemeinschaft in Bosnien und Herzegowina musste abermals eingreifen, nachdem sich die ewig zerstrittenen Landespolitiker nicht einig geworden waren.
Der Streitpunkt diesmal: die Finanzierung der allgemeinen Wahlen am 2. Oktober. An diesem Datum soll ein neues Parlament, ein neues dreiköpfiges Staatspräsidium sowie neue Führungen in den zwei Landesteilen, der bosnisch-kroatischen Föderation und der Serbischen Republik, gewählt werden
"Ich ordne hiermit an, dass die Zentrale Wahlkommission als außerordentliche Zuwendung (aus dem bosnischen Staatshaushalt) die Summe von 12,528 Millionen bosnischen Mark (6,4 Mio. Euro) erhält, die für die Vorbereitung und Abhaltung der Wahlen erforderlich sind", hatte der Deutsche am Dienstag in Sarajevo erklärt und damit einer leidigen Diskussion ein Ende gesetzt. Die bosnische Regierung hatte es bis dato verabsäumt, die nötigen finanziellen Mittel für die Abhaltung der Wahlen aus dem Staatshaushalt bereitzustellen.
"Ein funktionierender Staat braucht keine internationale Gemeinschaft"
Grund dafür war, dass die kroatischen Politiker in der Regierung eine diesbezügliche Entscheidung blockierten. Auf diese Weise wollten sie für gewisse kroatische Volksgruppenvertreter vorteilhaftere Wahlbedingungen durchsetzen. Als Hoher Repräsentant hat Schmidt aber die Befugnisse, Entscheidungen über die bosnischen Institutionen hinweg anzuordnen, wenn dies für die Umsetzung des Dayton-Friedensabkommens erforderlich ist. Der frühere deutsche Landwirtschaftsminister, der im August des Vorjahres dem Österreicher Valentin Inzko nachgefolgt war, nutzte also seine Macht. Widerwillig, betonte er bei seinem TV-Aufritt.
"Ich würde all denjenigen, denen die Souveränität des Staates BiH am Herzen liegt, empfehlen, sich an der tatsächlichen Umsetzung dieser Souveränität beteiligen zu lassen. Ein funktionierender Staat braucht keine internationale Gemeinschaft, und dieses Land will der EU beitreten. Ich werde die mir zustehenden Befugnisse sicherlich mit äußerster Zurückhaltung nutzen, muss aber gestehen, dass ich es traurig finde, dass wir in diesem Land so weit gekommen sind, dass wir so etwas tun müssen", sagte der Deutsche und betonte, dass das Geld für die Wahlen ohne sein Einschreiten nicht gesichert gewesen wäre.
Höflich sein, bitte!
Schmidt wies abermals darauf hin, dass sich das politische Klima in Bosnien und Herzegowina ändern müsse. Ihm zufolge würde niemand etwas verlieren, wenn er im Sinne einer gemeinsamen Lösung ein wenig nachgeben würde. Vor allem an einem Politiker ließ er kein gutes Haar aus. Dem serbischen Mitglied des dreiköpfigen Staatspräsidiums Milorad Dodik riet er, "ernsthafte und anständige Politik zu betreiben und keine eigenen Gesetze aufzublähen".
"In den letzten Monaten und Wochen hat er einige Vorschriften in RS (Republika Srpska, Anm.) erlassen, die dem Daytoner Friedensabkommen widersprechen. Dabei sollten wir gemeinsam daran arbeiten, die ganze Situation zu verbessern. Ich denke, ein Löwe, der besonders laut brüllt, ist eigentlich sehr ruhig und sehr sanftmütig", sagte Schmidt über Dodik, dem das EU-Parlament in der Vergangenheit vorgeworfen hatte, "eine Sezessionspolitik" zu betreiben.
Gefragt nach seinem Verhältnis zu Dodik, antwortete der ehemalige CSU-Politiker: "Ich kenne Dodik seit 15 Jahren und kann ihm nur empfehlen, Gespräche zu suchen und auf verbale Beleidigungen zu verzichten. Dodik geht die Gefahr ein, dass ihn die Leute nicht ernst nehmen". Dodik solle sich um sein Land, die Republika Srpska und Bosnien und Herzegowina kümmern, und die internationale Gemeinschaft solle nicht seine Sorge sein. "Übrigens, was ist das für ein Niveau, auf dem er diskutiert? Warum? Er verhält sich wie ein Holzfäller im Wald. Ich erwarte von einem Mann in solch einer Position, dass er sich seriös und höflich verhält und seine politischen Gegner und mich auch so behandelt. Und das möchte ich ihm klar sagen".