Leben/Reise

Unterwegs im Urwald vor der eigenen Haustür

Matthias Schickhofer war schon in vielen Urwäldern, in Rumänien, Schweden, der Slowakei. Aber keiner hat es dem Umweltschützer und Fotografen so angetan wie der vor seiner Haustür. In seinem neuen Band „Wildes Waldviertel“ zeigt er seinen Lesern bildreich die urtümliche Schönheit unberührter Natur mitten im Waldviertel.

Dass dort noch echte Urwälder zu finden sind, mag man zunächst anzweifeln. Zu bezähmt sieht die Landschaft in weiten Teilen aus. Steinterrassen haben die steilen Hügel gebändigt, die Landwirtschaft hat Moore trockengelegt, Großgrundbesitzer alte Mischwälder gerodet. Aber Schickhofer weiß genau, an welchen Plätzen die Natur bis heute von Menschenhand unberührt geblieben ist.

Eine seiner Lieblingswanderrouten durch das Waldviertel ist der Bärentrail. Den Namen hat die Strecke nicht von frei herumstreunenden Bären, sondern von ihrem angrenzenden Refugium. Gleich am Beginn des Trails liegt der Bärenwald Arbesbach. Das Projekt des Tierschutzvereins Vier Pfoten rettet Bären in Not aus Zirkussen, Zoos und Privathaltung.

Aktuell treiben sich drei der großen Tiere auf dem 14.000 Quadratmeter großen, eingezäunten Areal herum. Besucher können mit Glück einen Blick auf sie erhaschen, aber nicht immer sind die Bären in Stimmung. Sie erklettern lieber die Bäume. In deren Ästen befestigen die Betreuer von Vier Pfoten allerlei Obst. Es soll den 300 Kilogramm schweren Waldbewohnern schließlich nicht langweilig werden.

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Wer sich weiter den Bärentrail hinunterwagt, bekommt noch andere Wunder des Waldes zu sehen. Die Moossteine am Arbesbach sind mindestens so flauschig wie die Bären, aber weit weniger gefährlich. Der Pfad des Trails führt unter anderem an ihnen vorbei. Über hundertsieben Kilometer und sechs Tagesetappen zieht sich der große Bärentrail.

Für weniger Wandererprobte gibt es auch den kleinen Bärentrail mit nur fünfundzwanzig Kilometern – theoretisch ist der auch an einem Tag bewältigbar. Zwischenstopps können Wanderer in Gaststätten am Weg einlegen. Der große Trail führt zu Mooren, durch Schluchten und sogar zu unterirdischen Wasserfällen. Schickhofer berichtet von „heiliger Ruh’ und großer Entspannung“, die man hier erlebt.

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Der Trail erfreut sich so großer Beliebtheit, dass er mittlerweile erweitert wurde. Er zieht jetzt eine Schlaufe durch das Kampwaldidyll. Dort im Tal verläuft ein Stück des Oberen Kamps über moosige Felsen und formt kleine Wasserfälle. Moosbewachsene Fichten hängen tief über dem Fluss. „Da glaubt man, man ist in Kanada“, sagt Schickhofer.

Der neue Teil des Trails führt dann weiter durch die Waldviertler Hügel mit zahlreichen Blumenwiesen und in Bereiche, die der Mensch geformt hat: Entlang der typischen Streifenterrassenlandschaft und durch das Zwettltal mit seinen Wasserfällen. Wer den ganzen Trail schafft, kommt zurück zum Bärenwald – und kann nochmals versuchen, die Bären in ihrem Refugium zu entdecken.

Lesen und schauen: „Wildes Waldviertel. Geheime Paradiese, versteckte Urwälder, magische Natur“ heißt Matthias Schickhofers neues Buch.
Erschienen im Brandstätterverlag, 208 Seiten, 35 Euro. Zum Buch.

Wandern: Den Bärentrail gibt es in mehreren Varianten, Gasthöfe bieten  Packages an. 

Tierschutz: Der Bärenwald Arbesbach hat täglich von 10–18 Uhr geöffnet.