Provence: Das ungewöhnliche Château La Coste in Frankreich
Von Susanne Lintl
Es sind gerade einmal zwanzig Minuten Autofahrt von Aix-en-Provence bis zum Château La Coste in Le Puy-Sainte-Réparade und doch wähnt man sich in einer anderen Welt. In einem faszinierenden Universum aus ländlichem Weingut und Gastlichkeit, aus Waldidyll, Kunst und Architektur der Spitzenklasse.
Das Château, das dem irischen Milliardär Paddy McKillen, einem engen Freund der U2-Musiklegende Bono, gehört, ist ein Gesamtkunstwerk: Auf dem ausgedehnten Gelände finden sich Skulpturen namhafter Künstler, Bauten von Architekturveteranen wie Frank Gehry, Jean Nouvel, Oscar Niemeyer oder Tadao Andō, ausgedehnte Weingärten, Cafés und Restaurants, eine Galerie, ein Musikpavillon und ein luxuriöses Hotel. An einem Tag alles zu erkunden, ist fast unmöglich.
Denn für das Lustwandeln auf dem mit Reben, Lavendel und Olivenbäumen sowie dichten Laubwäldern bewachsenen Alice-im-Wunderland-Verschnitt muss man sich Zeit nehmen. Da taucht plötzlich mitten im Wald ein Baum gespickt mit lauter Zetteln auf, der sich als wish tree, als Wunschbaum Yoko Onos, erweist. Die kuriosesten Wünsche sind hier verewigt. Es lohnt sich, sie zu lesen. Auf einer höher gelegenen Wiese ragen riesige, dunkle Steinbrocken aus dem Gras, die sich beim Näherkommen als Gliedmaßen einer schwangeren Frau entpuppen. Der Bauch, die Mutterhöhle, ist durch einen Gang zu betreten. „Mater Earth“ hat die Pariser Künstlerin Prune Nourry ihre faszinierende Skulptur genannt. Inspiriert wurde sie dazu von einer Freundin, die hochschwanger ein Bad nahm und deren weibliche Wölbungen dabei aus dem Wasser ragten.
- Kunst: Bis 23. Juni ist auf dem Areal von Château La Coste eine Auswahl der Installationen des britischen Ausnahmekünstlers Damien Hirst zu sehen
- Essen: Besonders zu empfehlen: das Restaurant von Tadao Andō. Der japanische Architekt hat ein luftiges Konstrukt inklusive kleinem See erschaffen
- Château La Coste: Tägl. von 10–19 Uhr geöffnet. Für die Restaurants sind Reservierungen nötig. Infos und Buchungen unter chateau-la-coste.com
Ein mystisches Erlebnis ist die „Meditation Bell“ von Paul Matisse. Am Ende eines schmalen Waldsteigs hat der Urenkel von Henri Matisse eine komplizierte Glockenkonstruktion errichtet, die keinen hellen Glockenklang, sondern Vibrationen, die zehn Minuten lang spürbar sind, von sich gibt. Eine eindringliche Erfahrung, umrahmt vom Rauschen der Bäume.
Alles hier wirkt organisch und verspielt, nicht elitär, daher hat sich das Château La Coste auch längst zum beliebten Ausflugsziel für die Einheimischen gemausert. An den Wochenenden wird das Gelände buchstäblich gestürmt. Die Restaurants sind voll, die Wiesen und Wälder von fröhlichen Grüppchen bevölkert. Ganz nach Paddy McKillens Wunschvorstellung: „I want everyone to come for one reason: freedom."