Leben/Gesellschaft

Gala der Menschlichkeit: Das Lächeln der Straße

Annas Lächeln ist ein Traum, der ein Mal im Monat wahr werden darf. Die Verkäuferin der Wiener Straßenzeitung AUGUSTIN hat dort draußen, in ihrem Alltag, nicht so viel zu lachen. Doch hier drinnen, im geschützten Rahmen der Geschichtenwerkstatt, hat die Anna eine Freude mit sich und dem, was sie soeben zu Papier gebracht hat.

Mit der sensibel-kreativen Zeitungsverkäuferin freut sich auch die Kunsthistorikerin, Autorin und Schreibpädagogin Brigitta Höpler. Ja, es gibt Seminare, da kann sie richtig Geld verdienen. Doch nicht immer hat das Geldverdienen höchste Priorität. Das Credo der Kulturschaffenden lautet: "Jeder Mensch hat das Recht auf etwas Schönes."

Ein guter Gedanke, der wohl auch für die "Gala der Menschlichkeit" am 10. November gilt, für die auch sie nominiert wurde.

Vom "Sandlerkönig"

Höpler führt hier im Innenhof vor dem Verkaufsbüro und der Redaktion in Wien-Margareten das alles in allem älteste Projekt im "Gesamtkunstwerk AUGUSTIN" (© Mitbegründer Robert Sommer) fort. Hier mutierte schon am Ende der 1990er-Jahre der lokal berühmte "Sandlerkönig Smoky" zum Dichterfürsten. Seine Spuren hinterlassen hat "Smoky" unter anderem in einem schmalen Sammelband mit dem Titel "Es ist fad, ohne Cognac auf den Weltuntergang zu warten".

Ebenso klingend sind die Namen seiner Kollegen: etwa der mundflinke Meidlinger „Strawinsky“, der auch im Fußballteam Schwarz-Weiß AUGUSTIN seine Hetz hatte, er verfasste einen Text über die "Häfnweihnocht". Oder der Weinviertler "Hömal", der mit seiner geschulten Stimme den Stimmgewitter-Werkschor zum Gewitter werden ließ, er schrieb "No a bissl". Und der "Luvi" steuerte den Mundart-Text "da weana haflinga" bei.

Brigitta Höpler freut sich jedes Mal aufs Neue auf ihre Treffen mit netten Menschen, die weit entfernt von ihrem eigenen Alltag leben. Sie sagt: "Mich erstaunt immer wieder, wie schnell wir miteinander ins Gespräch kommen und wie offen über alles Mögliche erzählt wird."

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Jene, die sich mit dem Schreiben schwerer tun, lädt sie ein, Stichwörter, die ihnen selbst wichtig sind, wie auf einem Einkaufszettel zu notieren. Oder aber sie erzählen ihre Story mündlich. Dann helfen die Redakteurin Jenny Legenstein und die Sozialarbeiterin Sylvia Galosi immer sehr gerne beim Übertragen auf das Papier.

Manchmal legt der Andi seinen Schreibstift weg, und seufzt: "Wow, das hat jetzt so richtig Spaß gemacht." Es ist auch ein Indiz für die gute Stimmung in diesem niederschwellig angelegten Kunstprojekt, dass alles, was hier produziert wird, auch unbedingt vorgelesen werden will.

Für Brigitta Höpler, die selbst täglich schreibt, zählt dieses Vorlesen mit zu den schönsten Momenten: "Weil dann die eigene Freude in der Gruppe geteilt wird und zur gemeinsamen Freude wird."

Wichtig, weiß sie, sei die gegenseitige Wertschätzung, die Menschen unterhalb der Armutsgrenze in ihrem Alltag oft genug verwehrt bleibt. Gerne wird in der Gruppe bei Kaffee und Kuchen und Obst auch gelacht. Anerkennend merkt die Schreibpädagogin an: "Ich mag auch diesen unglaublich trockenen Humor."

Der Schönheitsfehler

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Ernst werden die Minen der Initiatorinnen hingegen bei der Frage, wann denn Annas Lächeln das nächste Mal ansteckend wirken darf. Ihre Antwort muss vage bleiben.

Weiterhin ist unsicher, ob der AUGUSTIN, der noch nie einen Euro aus dem Budget der Medienförderung oder einem Sozialtopf von Bund oder Stadt Wien erhalten hat, die Krise überleben wird. Das Zeitungspapier wurde teurer, zugleich klagen Kolporteure, dass sie ihre Zeitungen nicht mehr auf der Straße loswerden. Überall wird gespart.

Als Kind lebte Anna in einem Haus mit Garten. In ihrer Erinnerung liest sich das so: Im Garten waren viele Rosen. Die Rosen schenkte ich meinen Kolleginnen im Kindergarten zu ihren Geburtstagen. Sie liebten Blumen.

Auch Brigitta Höpler mag Blumen. Noch lieber wäre es ihr aber, wenn der AUGUSTIN ein bissl mehr Bares bekäme. Sie lächelt, steigt auf ihr Rad und fährt jetzt heim. Auch sie hofft, "dass es weitergeht".

Wir nominieren

Bis zur "Gala der Menschlichkeit" am 10. 11. stellt die Redaktion 16 Menschen vor, die sich uneigennützig in den Dienst der Gemeinschaft stellen. Bisher sind bereits erschienen: die ÖBB-Fahrdienstleiterin, die in ihrer Freizeit Flüchtlingen hilft; ein ehemaliger Wohnungsloser, der für Wohnungslose da ist, zwei Banker bei der "Zweite Sparkasse", zwei Kindergärtnerinnen. Heute nominiert: Die Schreibpädagogin Brigitta Höpler und der AUGUSTIN

Sie nominieren

Wenn Sie auch jemanden kennen, der sich eine Auszeichnung verdient hätte, dann reichen Sie bitte jetzt ein, unter: www.kurier.at/menschlichkeit