Leben/Essen & Trinken

An der Nordsee: Royales und salziges auf Sylt

Alexandro Pape sagt es offen heraus: „Austern haben das Attribut, dekadent zu sein“, aber, wie er hinzufügt: „Zu Unrecht.“ Der gebürtige Sarde ist mit allem aufgewachsen, was das Meer zu bieten hat. „Die anderen Kinder haben am Strand ein Eis bekommen, mein Vater hat mir frische Muscheln aus dem Wasser geholt.“ Als Kind wäre ihm das Eis lieber gewesen. „Aber mittlerweile habe ich so viele Meeresfrüchte gegessen, dass ich nur hoffen kann, dass der, der mich am Ende wegfährt, nicht im früheren Leben eine Auster war“, scherzt der Koch, der auf Sylt jahrelang auf Zwei-Sterne-Niveau gekocht hat.

Und  sein eigenes Ding macht. Unter anderem produziert er in einer ehemaligen Tischlerwerkstatt  mit seiner Entsalzungsanlage schneeweißes Sylter Meersalz („mineralreich und geschmacklich milde“). Braut in seiner Genussmanufaktur  aus Nordseewasser-Kondensat sein „Watt-Bier“.  Und zeigt den Reichen und Schönen in seinem Kochstudio, wie man das perfekte Dinner zubereitet. 

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Bier, Salz und vieles mehr von Alexandro Pape gibt es in der Sylter Genussmacherei unter kochinselalexandropape.de

Pape greift zu einer Auster, klopft mit dem Messerrücken drauf. „Hohl, sehr gut.“ Gekonnt bricht er die Schale auf, wischt mit dem Finger Kalkreste weg, schüttet das Meerwasser mit einer flinken Handbewegung aus. „Es ist doch Quatsch, dass man das mitschlürfen muss. Wer trinkt schon Meerwasser?!“, schüttelt er den Kopf und schenkt als Austern-Begleitung Watt-Bier ein. Von wegen Champagner. „Der trocknet den Mund aus, das passt gar  nicht.“ Bis die Auster die typische Verzehrgröße erreicht, hat sie übrigens etwa 3.000 Mal Ebbe und Flut erlebt und Unmengen von Wasser gefiltert. Deswegen spielt die Wasserqualität eine entscheidende Rolle und verleiht der Auster von Küste zu Küste einen anderen Geschmack. „Pure Nordsee, buttrig im Nachgang“, fachsimpelt Pape.

Also doch Champagner

Und trotzdem nicht jedermanns Sache. Eine vegane Alternative dazu hat Johannes King in seinem Kräutergarten auf Sylt: Austernkraut. Schmeckt genau so, wie es heißt. Eigentlich kommt es von der Ostsee, wächst aber auch gut auf den kargen Böden Sylts, weiß der Koch (2 Michelin-Sterne). Apropos Kräuter. Diese sind das Lieblingsthema von King. „Besser Kräuter verwenden, statt salzen“, so sein Motto.

Überhaupt ist Salz aus seiner Sicht irgendwie verdächtig. „Wenn etwas nicht schmeckt, wird es gesalzen.“ Könne eigentlich nicht passieren, wenn die richtigen Kräuter auf den Teller kommen. Auf Sylt gibt es sogenannte Schwemmwiesen, was bedeutet, dass die Pflanzen im Salzwasser wachsen und eine entsprechend hohe Mineralität haben. „Wasser verdunstet, Salz nicht“, bringt es King auf den Punkt.

Seine Kochschürze im Sylter Haubenlokal hat auch er an den Nagel gehängt und seinen Genuss-Shop eröffnet. Von Likören über Fischbrötchen bis hin zu Gerichten, die man sich daheim in den Backofen stellen kann, gibt es alles, was King kulinarisch gefällt. „Bei mir muss man nicht kochen können, nur lesen. 160 Grad Umluft und fertig“, sagt King zu den fast fertigen Menüs.

Was Johannes King in die Küche kommt, gibt es in seinem Genuss-Shop unter johannesking.de zu kaufen.

Wer zur Kategorie Jäger und Sammler gehört, kann auch frühmorgens mit Spitzenköchen wie King ins Watt aufbrechen, mit der Sylter Royal zurückkehren und diese dann zu Champagner schlürfen. Mit Champagner??? Mon dieu!!! „Quatsch. Champagner passt immer“, findet King. Auch Spitzenköche müssen nicht immer einer Meinung sein.

Fasten statt Völlerei

Man kann auf Sylt aber zur Abwechslung auch einmal fasten. Nämlich ganz nobel im Lanserhof, der im Juni seine Pforten öffnet.  Die Architektur ist spektakulär, angeblich gibt es in ganz Europa kein zweites Reet-Dach in dieser Größe. Ansonsten viel Glas beziehungsweise Blick in die Dünen, viel Holz, keine Bilder, die von der ohnehin spektakulären Architektur ablenken könnten. 

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Chefkoch ist hier der ehemalige Küchenchef des Sylter Szene-Restaurants Sansibar. Und sein  Erfahrung ist im Lanserhof quasi Programm. Schließlich hat er sein Gewicht von ehemals hundertfünfunddreißig Kilo halbiert und seinen Lebensstil völlig umgestellt. „The Freak“, nennen ihn deshalb einige auf der Insel.

Wer sich von seiner Küche inspirieren lassen will, braucht allerdings Geld. Das Basispaket im Lanserhof kostet um die 10.000 Euro pro Person und Woche.  Zu trinken gibt es übrigens nur Wasser und Tee, sagt der medizinische Leiter  des Hauses, Jan Stritzke. Die Völlerei, für die die Insel sonst steht, kann man sich gleich abschminken.  

Vorbereitung: 10 min
Zubereitung: 30 min
Portionen: 4–6

200 g Fregola Sarda diese kugelförmige Nudelart aus Hartweizengrieß ist besonders auf Sardinien beliebt
20 g Schalottenwürfel
200 g Steinpilze
oder Pilze nach Wahl; geputzt und in feine Würfel geschnitten
750 ml heißer Geflügelfond
1 Lorbeerblatt
½ Knoblauchzehe
30 g Butter
80 g Pecorino Sardo gerieben 
Sylter Meersalz und Pfeffer aus der Mühle (wenn das Meersalz nicht aus Sylt ist, wird das Essen natürlich nicht so gut)
Thymian gezupft 

- Schalottenwürfel und Fregola-Sarda in Olivenöl unter ständigem Rühren glasig dünsten
- Mit heißem Geflügelfond aufgießen. Lorbeerblatt und Knoblauchzehe zufügen
- Sobald das Fregola-Risotto „al dente“ ist, die Temperatur reduzieren und kalte Butter sowie Pecorino unter ständigem Rühren zufügen, bis eine cremige Konsistenz entsteht
- Zum Schluss die Pilzwürfel in Olivenöl und Butter sautieren und dem Risotto beigeben. Mit gezupftem Thymian verfeinern und mit Meersalz und Pfeffer aus der Mühle abschmecken

Das Rezept ist von der Sylter Genussmacherei, mehr Rezepte auf: sylter-genussmacherei.de