Kultur/Eurovision Song Contest

Ganz schön schwul

Irgendwann im Laufe der Jahrzehnte ist der Eurovision Song Contest von der Spießerveranstaltung in Hemd und Krawatte zu einem Event der Gay Culture geworden. Spätestens mit dem Sieg von Conchita Wurst ist dies auch ins Bewusstsein der heterosexuellen Fernsehzuseher gerutscht: Hier geht es um politische Botschaften im Sinne der privaten Liberalität ebenso wie um eine ausgelassene und bunte Feier; um ein Lebensgefühl, das man als schwul im besten Wortsinn bezeichnen kann.

Wien bietet ein erstaunlich solides Fundament für diese Art des Partytourismus. Die Stadt blüht auf und zeigt eine Seite, die angenehm überrascht in einer Metropole, die so gern mit Mieselsucht, Vernaderung, Kleingeistigkeit und Alltagsrassismus in Verbindung gebracht wird. Dass der Song Contest vom Veranstalter ORF bewusst stärker in Richtung gesellschaftspolitischer Anliegen gedreht wurde („Building Bridges“), schlägt als voller Erfolg einer Stadt zu Buche, die sich der Welt plötzlich ohne Anstrengung als liberaler Hotspot präsentiert: Männer, die Männer lieben, Frauen, die auf Frauen stehen – hier lohnt es sich, vorbeizuschauen.

Für heterosexuelle Ansässige bietet Wien das Gefühl eines bemerkenswert leichtlebigen Ortes, an dem sogar die Ampelmännchen mal schwul sein dürfen: Ein schöner Raum, Kinder zu weltoffenen Menschen großzuziehen, die unterscheiden können zwischen eigenen Lebensentwürfen und staubigen Vorurteilen.