Peter Lohmeyer, für eine ROMY nominiert: Der Schalke im Nacken
Von Thomas Trenkler
Den Ort, in dem Peter Lohmeyer 1962 geboren wurde, gibt es eigentlich gar nicht mehr. Denn Niedermarsberg wurde zur neuen Stadt Marsberg eingemeindet. Und der Schauspieler hat auch keine große Beziehung zu seinem Geburtsort: „Wir sind wahnsinnig oft umgezogen“, erzählt Lohmeyer. „Ich habe keine drei Jahre im Sauerland gelebt.“
Sein Vater, ein evangelischer Pfarrer, arbeitete immer wieder in einer anderen Gemeinde und zwischendurch für das diakonische Werk. Lohmeyer wuchs daher im Ruhrgebiet auf, 1974 ging es weiter in den Süden, nach Stuttgart. In der ersten Turnstunde am dortigen Eberhard-Ludwigs-Gymnasium erhielt er seinen Spitznamen „Schalke“, weil er zum Fan des FC Schalke 04 geworden war. „In den drei Jahren in Stuttgart kannte mich kaum einer unter meinem richtigen Namen.“ Und dann übersiedelte die Familie nach Dortmund.
Lohmeyer träumte von einem Mofa. Aber: „In einem protestantischen Haushalt wird man knapp gehalten mit Taschengeld. Also hab‘ ich Zeitungen ausgetragen und das Inkasso gemacht – im Dortmunder Norden, einer heftigen Gegend. Da wollte man in manche Wohnungen nicht hineingehen.“ Dann las er in der „WAZ“, dass man im Schauspielhaus einen jugendlichen Darsteller für Christine Nöstlingers „Wir pfeifen auf den Gurkenkönig“ sucht. Er bewarb sich – und wurde genommen. „Das war für mich perfekt! Ich konnte mir endlich mein Mofa finanzieren. Und ich war vom Theater angefixt.“
Lohmeyer pfiff auf das Abitur, wechselte auf die Schauspielschule in Bochum. Es konnte ihm nicht schnell genug gehen: Am dortigen Schauspielhaus spielte er in „Was heißt hier Liebe“ mit. Claus Peymann, der Direktor, bot dem Eleven an, ihm nach Wien zu folgen, aber Lohmeyer lehnte ab, denn er hatte bereits Angebote, darunter von der Schaubühne in Berlin. Er entschied sich schließlich für Stuttgart. Um dann doch nach Wien zu gehen: „Ich wollte unbedingt zu George Tabori.“ Der Regisseur und Dramatiker leitete damals den Kreis in der Porzellangasse (heute das Schauspielhaus).
Dies Episode hat Lohmeyer nicht in allerbester Erinnerung. Er lernte zwar Hanno Pöschl kennen, der ihm den Wiener Schmäh beibrachte („er hat mich die ganze Zeit hochgenommen“) und dem er bis heute verbunden ist. „Aber es passierten die merkwürdigsten Sachen“, erzählt Lohmeyer. „Es war ein strenger Winter, der Schnee lag wahnsinnig hoch, die Leute schaufelten ihn in Kolonnen weg. Ich kannte so etwas gar nicht aus Deutschland.“ Er hatte einen Autounfall, auf der Bühne verstauchte er sich den Knöchel. „Und Tabori war nicht sehr viel anwesend.“ Lohmeyer blieb daher nur für diese eine Produktion: Er zog weiter nach Düsseldorf, ging später ans Schillertheater, und Hamburg wurde schließlich seine Heimat. Denn dort hat er die Mutter von dreien seiner vier Kinder kennengelernt.
In Hamburg den Fußballverein zu wechseln, wäre ihm nie in den Sinn gekommen: „Einmal Blauer, immer Blauer!“ Die rassistischen Äußerungen des Schalke-04-Aufsichtsratsvorsitzenden seien aber nicht zu tolerieren gewesen: Lohmeyer trat aus. „Aber es war klar: Ich komme wieder, wenn der weg ist.“ So kam es auch. Das Herz des sozial engagierten Hobbyfußballers schlägt aber auch für Altona 93, weil sein Sohn dort spielte – und weil kleine Vereine eine große Aufgabe leisten: „Sie holen die Kids von der Straße und geben ihnen in der Freizeit eine vernünftige Beschäftigung.“
Es lag daher durchaus nahe, Lohmeyer für den Österreich-Teil „Prometheus“ der internationalen Thriller-Serie „Das Netz“ über dunkle Machenschaften im Profifußball anzufragen. Das Interesse war bereits geweckt, nachdem er die Namen der Regisseure (Andreas und Daniel Prochaska) gehört hatte. „Dann las ich den Stoff. Er fesselte mich. Und dann machten sie mir das Angebot, Klaus Fischer zu spielen.“
Der miese Pharma-Boss, den er verkörpern sollte, hieß also wie der ehemalige Schalke-04-Star, den Lohmeyer ehrfürchtig als „Fallrückzieherkönig“ bezeichnet. „Da musste ich schmunzeln, konnte gar nicht nein sagen. Auch wenn dieser Klaus Fischer über Leichen geht.“
Lohmeyer genoss die Dreharbeiten unter anderem auf Schloss Leopoldskron in Salzburg, einem seiner Lieblingsorte in den acht Sommern als Tod im „Jedermann“. Eigentlich hatte er seiner Kinder wegen nie ein Engagement zur Ferienzeit angestrebt, aber dann las er, dass Julian Crouch zusammen mit Brian Mertes 2013 das Spiel vom Sterben des reichen Mannes inszenieren würde. „Ich kannte ihn vom Hamburger Schauspielhaus und schätze ihn. Für ihn würde ich zu Fuß nach Australien reisen!“
Daher schrieb er den Festspielen: „Ich spiele alles, auch die Tischgesellschaft! Ich will einfach dabei sein.“ Damals war Sven-Eric Bechtolf der Schauspiel-Chef. Und wenig später wurde Lohmeyer der Tod angeboten – „die beste Rolle“, wie er meint. Bereits nach vier Jahren (mit dem Wechsel von Cornelius Obonya zu Tobias Moretti) kam es zu einer Neuproduktion. Aber Lohmeyer blieb, wenn auch ganz anders: Aus dem androgynen, sanften, „weißen“ wurde ein tätowierter, „schwarzer“ Tod, der zwischen den Geschlechtern hin und her sprang. „Des Öfteren hat mich der eine oder andere Zuschauer gefragt, ob nicht ich ihn holen könnte, wenn es denn soweit ist.“
Neue Serie: "I don't work here"
Über das Spielen auf dem Domplatz gerät Lohmeyer noch immer ins Schwärmen – wie über das Filmland Österreich. Erst kürzlich hat er mit Arman T. Riahi („Fuchs im Bau“) die Comedy-Serie „I don’t work here“ gedreht – ab 11. April im Fernsehen (auf ZDFneo). Darin spielt er einen pensionierten Kriminalbeamten und Großvater: „Ich bete, dass es nächstes Jahr die nächste Staffel gibt!“
Auch wenn er keine ROMY gewinnen sollte: Peter Lohmeyer lässt es sich nicht nehmen, zur Gala nach Wien zu reisen. Allein schon, um vielleicht Tobias Moretti (ROMY-Gewinner 2022) oder Hanno Pöschl zu treffen.
Noch bis 19. März können Sie Ihre Stimme auf ROMY.at abgeben!