Kultur/Medien

ORF-Direktoren: Weißmann-Team mit großer Mehrheit bestellt

Der 35-köpfige ORF-Stiftungsrat hat am Donnerstag die neuen zentralen Direktoren ohne Gegenstimme gewählt. Der designierte ORF-Generaldirektor Roland Weißmann hatte ORF-III-Geschäftsführerin Eva Schindlauer als Finanzdirektorin, ORF III-Chefredakteurin Ingrid Thurnher als Radiodirektorin, Puls-4-Senderchefin Stefanie Groiss-Horowitz als Programmdirektorin und GIS-Chef Harald Kräuter als Technikdirektor vorgeschlagen.

Es gab 32 Stimmen dafür sowie drei Enthaltungen aus dem FPÖ-Lager.

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Landesdirektoren ohne Gegenstimme

Ohne Gegenstimme (34 Pro-Stimmen, eine Enthaltung) wurde auch das Team der Landesdirektoren gekürt, bei denen die jeweiligen Landeshauptleute laut ORF-Gesetz ein Anhörungsrecht haben. Es kommt hier zu vier Verlängerungen und fünf Neubestellungen.

Werner Herics im Burgenland, Gerhard Koch in der Steiermark, Karin Bernhard in Kärnten und Markus Klement in Vorarlberg wurden erneut gewählt. An der Wiederbestellung Bernhards und Klements hatte es in den vergangenen Tagen Kritik wegen deren Führungsstil gegeben.

Neu an der Spitze eines Landesstudios sind mit 1. Jänner 2022 Radio-Innenpolitiker Edgar Weinzettl in Wien, die Landesstudio-Chefredakteure Robert Ziegler und Klaus Obereder in Niederösterreich und Oberösterreich sowie Radio-Wirtschaftsressortleiterin Esther Mitterstieler in Tirol und ORF-TV-Magazin-Chefin Waltraud Langer in Salzburg.

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Der designierte ORF-Generaldirektor Roland Weißmann hat damit zwei Ziele erreicht: Erstens die Erhöhung des Frauenanteils von derzeit zwei auf drei Landesdirektorinnen bzw. einen 75-prozentiger Frauenanteil bei den zentralen Direktionen.

Bemerkenswert ist zudem die breite Unterstützung für sein Team, hatte es doch im Vorfeld der ORF-Wahlen die Befürchtung der koalitionären Einfärbung der ORF-Führung gegeben. Das Abstimmungsverhalten lässt darauf schließen, dass das jedenfalls in den Augen der Stiftungsräte nicht geschehen ist.

Höherer Frauen-Anteil

„100 Prozent der Damen und Herren habe ich selbst ausgewählt“, erklärte  der künftige Generaldirektor auf die Frage, wie viele der Direktoren eigentlich seine Wahl waren – auch in Hinblick auf das Anhörungsrecht der Landeshauptleute.  Das steht im Gesetz, „und ich halte mich an Gesetze“. Die hohe Zustimmung sei Ansporn, „eine wirklich intensive Arbeit für unser Publikum und den ORF aufzunehmen“.

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Erste Reaktionen zur Direktoren-Wahl

Thomas Zach, Freundeskreisleiter der türkisen Stiftungsräte, meinte zum Abstimmungsergebnis beider Direktoren-Wahlen: "Weissmann hat mit seinem Team überzeugt. Mehr als 90 % Zustimmung im Stiftungsrat für das neue ORF-Team sprechen für sich. Nach einer klaren 2/3 Mehrheit für Weissmann im August ist diese große Bestätigung für sein Team ein großer Vertrauensbeweis und klarer Auftrag für einen modernen und starken ORF."

Lothar Lockl, der für die Grün-nahen Stiftungsräte spricht, hob hervor, dass der ORF in der Führungsspitze nun „weiblicher, im Schnitt jünger und diverser“ wird. Das neue Team vereine „Kompetenz, Zukunftsorientierung und auch Erfahrung“ und sei das Richtige, um die anstehende Veränderungsprozesse durch die Konkurrenz von Google, Facebook & Co. in Angriff zu nehmen. „Sie alle haben heute sehr viel Feuer, Leidenschaft und Motivationsgeist erkennen lassen und gehen mit frischem Wind an die Aufgaben heran“, so Lockl, der auch erfreut darüber war, dass „Menschen außerhalb des Hauses, wiewohl mit ORF-Erfahrung“, unter den neu bestellten Direktorinnen und Direktoren seien. Die Abstimmung im Paket sei „im Wesentlichen so vorgegeben“, eine Einzelabstimmung hätte - bei den Zentraldirektoren - aus seiner Sicht heute kein anderes Ergebnis gebracht, kommentierte er Kritik am Bestellmodus.

Zäsur

SPÖ-Freundeskreisleiter Heinz Lederer sprach von einer „Zäsur“. Der amtierende ORF-Chef Alexander Wrabetz habe eine hervorragende Bilanz hinterlassen. Der SPÖ-Freundeskreis verständige sich nun auf eine „konstruktive, aber sehr harte Kontrolle“. Er mahnte ein, dass der von Weißmann geplante Ausbau der Regionalisierung und die „Verländerung der Digitalisierung“ nicht Unsummen verschlingen dürfen. „Wir brauchen alle Kraft, um gutes Programm zu machen“, so Lederer. Den neuen Direktorinnen und Direktoren attestierte er „extreme Motivation“ und „inhaltliches Engagement“. Die Diskussion über den Führungsstil in den Länder-Studios - hier hatte es im Vorfeld Kritik an Vorarlberg und Kärnten gegeben - überlasse man den zuständigen Gremien.

FPÖ-Vertreterin Barbara Nepp über die Stimmenthaltungen der meisten Blauen im Stiftungsrat: "Das Direktorenteam ist durchaus qualifiziert, aber dennoch das Ergebnis einer parteipolitischen Packelei. Daher fehlte mir die Überzeugung, zuzustimmen. Die Digitalisierung, die eigentlich der entscheidende Schwerpunkt eines so großen Mediums sein sollte, bleibt für mich weiterhin auf der Strecke. Außerdem habe ich die Befürchtung, dass die Kosten für externe Beratungen immens sein werden. Dies ist in Zeiten notwendiger Einsparungen völlig inakzeptabel."

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