Nach Minister-Sudoku: "Ich kann mit der Frage nix anfangen"
Von Peter Temel
*Disclaimer: Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung des TV-Abends.*
„Ich habe mich heute schon amüsiert“, sagte Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Freitagabend in seiner Ansprache. Karikaturen wie die Tapetentür als Drehtür für Minister, oder ein Drive-in für die vielen Angelobungen, haben ihn an diesen ereignisreichen Tagen zum Lachen gebracht. „Irgendwie schon schön, dass uns trotz allem der Schmäh nicht ausgeht“, sagte der Bundespräsident.
Der Schmäh kann einem schon ausgehen, wenn die Tage wieder zu einzigen Fernsehsondersendungen verschwimmen. Aber an Tag zwei der neuesten Verwicklungen ging es schon ein bisschen lockerer zu.
Personalfindung als Sudoku
Nach der mittäglichen Ansprache des designierten neuen Bundeskanzlers, Karl Nehammer, wurde das Regierungsumbilden in den ÖVP-Reihen in der „ZiB spezial“ von Moderatorin Margit Laufer mit der Erstellung eines Sudokus verglichen. Nach dem Prinzip: Nimmt man aus einem Kästchen was weg, muss man von wo anders wieder etwas nehmen und so weiter.
Kommentatorin Claudia Dannhauser sagte: „Wenn man’s mit einem Sudoku vergleicht: Da ist schon ein bisschen mehr aufgelöst. Ein paar Zahlen hat man offenbar noch anders eintragen müssen.“
Das Bild des Sudokus gefiel auch Peter Filzmaier sehr gut, „denn da muss man ja Querreihen und senkrechte Reihen genau so ausfüllen, dass am Ende alles zusammenpasst. Das ist auch die Aufgabe bei der Personalfindung der ÖVP, aus der Zugehörigkeit zu Bund- und Länderorganisationen muss man die Kästchen mit Ministernamen befüllen.“
Neue Namen und Frisuren
Für Nicht-Genies war es am Anfang noch ein recht verwirrendes Unterfangen, alle neuen und wechselnden Namen zu verarbeiten.
„Bolasch Ekker?“, wird sich mancher gefragt haben, der in der Mittagspause nur mit einem Ohr hingehört hat.
Nein, Polaschek, Martin Polaschek.
Doch kein „Dancing Star“ als Bildungsminister. Kenner der Grazer Universität erkannten wohl am ehesten den Uni-Rektor mit langem Haupthaar.
Don't mess with Texing
Der designierte Innenminister Gerhard Karner nimmt für Niederösterreich am Minister-Sudoku teil. Oder genauer gesagt für Texing.
Der Wohnort Karners verfing ziemlich schnell. Vielleicht heißt es bald: „Karner? Ah, der Texingtaler …“
In der „ZiB 2“ wurde der Ort so beschrieben: „Texingtal. Da wo Niederösterreich noch Niederösterreich ist. Eine Raiffeisenbank. Eine Kirche. Ein Supermarkt. Ein Dollfuß-Museum. Eine absolute ÖVP-Mehrheit.“
Vielleicht dereinst auch mit Innenminister-Museum.
Die Sache mit dem "Sch...dreck"
Weil der Noch-Innenminister, Karl Nehammer, erst wieder Interviews geben möchte, wenn er als Bundeskanzler angelobt ist, wurde in der „ZiB Spezial“ im Hauptabend der Immer-Noch-Vizekanzler Werner Kogler zur aktuellen Lage befragt. Dieser brachte seine gewohnt interpunktionslosen Schachtelsätze, aus denen plötzlich ein Wort, dass für manche wie „Sch…dreck“ klang, herausragte.
Kogler ist bekannt für gelegentliche steirisch-erdige Ausdrucksweise, aber „Sch…dreck“ im Fernsehen?
Das sagte er wirklich: „So wie ich nix einschließe oder ausschließe, geb’ ich scha erst recht keine Garantien ab.“
Gemeint war der Fortbestand der Regierung. Aber die Gesprächsbasis sei gut.
0 bis 10
Mit Interviewer Armin Wolf war die Gesprächsbasis zwischendurch nicht gerade die beste. Dieser wollte wissen: „Auf einer Skala von 10 - fantastisch - bis 0 - unterirdisch -, wie ist gerade das Koalitionsklima?“
Kogler wollte wieder zu einem seiner interpunktionslosen Schachtelsätze mit „drei Punkten“ ansetzen, da unterbrach ihn Wolf gleich im Ansatz: „Aber das wissen wir ja alles. 0 bis 10, unterirdisch bis fantastisch, wo simma?“
Kogler: „Na, ich bleib dabei. Zweitens …“
Wolf: „Sie zwingen mich jetzt zu sagen: ‚Das war nicht meine Frage‘. Meine Frage war: Wie ist das Koalitionsklima, 0 bis 10?“
„Aber ich kann mit der Frage nix anfangen, das wissen’s ja …“
„Ist doch ganz einfach, die Frage …“
„Wir haben eine gute Gesprächsbasis.“
Damit war freilich das Koalitionsklima gemeint. Im Interview klang Kogler eher so aufgebracht wie sein steirischer Landsmann Günther Neukirchner, der mit einem Fußballer-Interview legendär wurde.
"Unglaublicher Faßmann"
Nicht legendär wird das Gespräch mit dem designierten neuen Finanzminister Magnus Brunner werden. Bevor er nicht angelobt sei, wolle er zu detaillierteren Budgetplänen oder Coronahilfen nichts sagen. Daher gab es ein Lob der „größten“ Steuerreform und eine äußerst gute Nachred' für den zurückgetretenen ÖVP-Chef Sebastian Kurz.
Bei den Ministerbesetzungen gehe es natürlich „nicht um Bundesländer, da geht’s wirklich um Kompetenz. Und das zeigt auch die Bestellung des neuen Bildungsministers“.
„Aber heißt das, Heinz Faßmann war nicht kompetent?“, hakte Interviewerin Lou Lorenz-Dittlbacher nach.
„Selbstverständlich“, sagte Brunner, „Heinz Faßmann war ein unglaublicher Faßmann.“
„Faßmann und Fachmann“, half Lorenz-Dittlbacher aus.
Möglicherweise trug auch dieser Fernsehabend ein bisschen zum Amüsement des Bundespräsidenten bei.