Kabarettgipfel: Brot, mit dem man Autos zerkratzen kann
Von Marco Weise
Humor hat viele Gesichter. Davon konnte man sich am Montag, bei der ersten von zwei Shows für die neue Ausgabe des Kabarettgipfels, überzeugen. An dem mehr als zweieinhalb Stunden (mit Pause, ohne Längen) dauernden Abenden durften sich Gery Seidl, Gernot Kulis, Malarina, Guido Cantz und Martin Frank, der die erkrankte Lizzy Aumeier würdig vertreten hat, mit ihren Programmen präsentieren.
Das Warm-up in der gut gefüllten Wiener Stadthalle (Halle F) übernahm der als Ö3-Callboy berühmt gewordene Gernot Kulis, der das Publikum schnell auf Betriebstemperatur brachte und es auf den ersten Themenschwerpunkt „Essen & Trinken“ eingroovte. Er berichtete etwa darüber, wie schwer es ist, als Gernot Kulis einen Tisch für zwei Personen in einem angesagten Wiener Restaurant zu reservieren, weil die Kellner sofort auflegen, wenn er anruft - aus Angst, Opfer des Callboys zu werden. Also gibt sich Kulis neuerdings (stimmlich grandios imitiert) als Hans Krankl oder Armin Assinger aus, was für großartige Verwirrung sorgt.
Kulis erzählt dann noch von urbanen Hipster-Lokalen, in denen man kein Wiener Schnitzel mehr bekommen würde, sondern nur noch so gesundes Zeugs, von den er noch nie was im Leben gehört hat. Eh gut. Aber um die Speisekarte entziffern zu können, brauche man mittlerweile das Internet, müsse googeln.
Kulis, der zum ersten Mal beim Kabarettgipfel dabei war, legte im zweiten Teil des Abends, bei dem es um Traditionen ging, mit seiner leicht adaptierten, noch immer unfassbar komischen und mit viel Körpereinsatz gespielten „Im Baumarkt“-Szene nach. Großartig.
Kein Stammtisch mehr
Martin Frank gab dann den spitzbübischen Sympathieträger aus Niederbayern, der über die heftig buttrigen und zuckrigen Backleidenschaften seiner Oma berichtete. Gery Seidl berichtete dann über die vom Aussterben bedrohten Stammtische, lieferte tiefe und herrlich komische Einblicke in die österreichische Seele: „Solange das Krügel Bier nicht 36 Euro kostet, zieht sich der Österreicher keine gelbe Weste an. Die Revolution ist uns nicht in die Wiege gelegt.“
Seidl war dann schockiert, was sich neuerdings alles auf Tankstellen abspielt. Dort haben sie alles - auch Benzin. Tankstellen seien das neue Dorfzentrum, wo man sich auf ein paar Bier und (schlechte) Leberkässemmel trifft. Warum? Weil es oft keine Wirten mehr gibt. Für die ständig in Angst lebende Gesellschaft hat er dann folgenden Tipp: „Die Schafe fürchten sich ein Leben lang vor dem Wolf und werden dann vom Hirten gefressen.“
Gery Seidl lieferte im Rahmen seiner zwei Auftritte beim Kabarettgipfel einen Schnelldurchlauf durch sein neues Soloprogramm „beziehungsWEISE“. Fehlen durfte dabei natürlich nicht der Kurtl und der Kleingartensiedlungsobmann Tulpe, der plötzlich tot in der Baggerschaufel liegt.
Zu wenig Brot
Die zuletzt mit Kabarettpreisen bedachte Malarina berichtete über serbische Essvorlieben (Fleisch! Fleisch! Fleisch!) und über österreichisches Körndlbrot, mit dem man Autos zerkratzen kann. Was sie auch nicht versteht, ist warum hier zu jeder Schlachtplatte immer nur ein Stück Brot mitgeliefert wird. Außerdem sei es eine Frechheit, dass man hierzulande beim Frühstück mit Schicken, Käse, Ei, Butter, Marmelade nur eine Kaisersemmel dazu bekommt. Eigenartig auch die Vorliebe der Österreicher für Stelzen, die seien sogar den Serben zu üppig. „Wie können Sie das essen?“, fragt sie ins Publikum.
Es sind Auszüge aus Malarinas gelungenem Soloprogramm „Serben sterben langsam“, in dem die Kabarettistin mit ihren Wurzeln und den damit verbundenen Klischees spielt - mit Erfolg. Last but not least konnte der deutsche Comedian und Fernsehmoderator Guido Cantz Lacher in der Stadthalle generieren, sich über österreichische und deutsche Besonderheiten auslassen. Musikalisch wurde der gelungene Abend von KGB, der Kabarettgipfelband, begleitet.
Heute, Dienstag, am Abend (ab 20 Uhr) wird der Kabarettgipfel (mit den gleichen Kabarettisten) noch einmal in der Wiener Stadthalle vor Publikum durchgespielt, um dann aus beiden Abenden das Beste rausfiltern zu können. Zu sehen bekommt man dieses Best-of am Freitag, 15. Dezember um 20.15 Uhr in ORF1. Dabei steht der erste Teil mit dem Titel „Essen & Trinken“ im Fokus. Teil zwei mit dem Titel „Geliebte Traditionen“ folgt dann am Freitag, 5. Jänner 2024 um 20.15 Uhr in ORF1.