Kultur

Jonathan Fine wird neuer Direktor des Kunsthistorischen Museums

Jonathan Fine, der Direktor des Weltmuseums Wien, wird als Generaldirektor des KHM-Museumsverbands auf Sabine Haag folgen, wenn deren Vertrag als Generaldirektorin mit Ende 2024 ausläuft. Das gab Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer am Donnerstag bekannt.

Der gebürtige New Yorker mit deutschen Vorfahren war vor seinem Wirken in Wien am Berliner Humboldt-Forum tätig und ist Experte für den Umgang mit Kulturgütern aus ehemaligen Kolonien: Seine Bestellung zum Generaldirektor des Museumskonzerns mit acht Standorten darf auch als Zeichen für erhöhtes Augenmerk auf nicht-westliche Kulturen gelesen werden.

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Mayer dankte zuerst der scheidenden Direktorin Sabine Haag: "Du hast das hervorragend gemeistert. Dass das KHM zu den wichtigsten Museen der Welt gehört, ist auch dein Verdienst". Und Mayer wollte ihr "auch dafür danken, dass du Jonathan Fine nach Wien geholt hast".

"Dieses Haus soll vibrieren"

Fine habe "auf allen Ebenen überzeugt. Er hat gezeigt, dass er das Haus gut kennt, aber auch darüber hinaus gut vernetzt und anerkannt ist. Ich halte das gerade in diesen schwierigen Zeiten, in denen auch die Museen mit großen Umbrüchen zu kämpfen haben, für wesentlich", sagte Mayer. Sein "multiperspektivischer Zugang zur Welt, zur Kunst und zur Museumsarbeit ist in diesen unsteteten Zeiten eine Bereicherung". Er wolle sich den Fragen der Zeit stellen und stehe "durch und durch für den modernen Begriff eines Museums". Mayer wünsche sich, dass "dieses Haus vibriert", ein Museum von Weltrang, aber auch ein Ort, an dem sich die Wienerinnen und Wiener gern aufhalten.

Fine zeigte sich "voller Dank und Demut". Die große Stärke des KHM-Verbandes seien "seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern" in allen Bereichen. "Ich kann mit Zuversicht sagen, dass sie großartige Museumsexpertinnen sind." Er suche "Brücken" in der Kunstgeschichte. Die Sammlung des KHM ließen "das Beste des menschlichen Schaffens erleben". Er wolle sich "in erster Linie mit dieser Sammlung auseinandersetzen". Es gibt "viele Herausforderungen". Seine ersten Prioritäten seien "der weitere Ausbau der Bekanntheit der Sammlung" und die Stärkung der Publikumsvermittlung.

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Die großen Baupläne, die es für beide Museen gibt, seien "Gegenstand von Budgetverhandlungen" und derzeit "sehr, sehr schwer aufzustellen", sagte Mayer, wenngleich sie "weiß, dass hier Handlungsbedarf besteht". Sie wolle für das Haus der Geschichte, das derzeit Nachbar des Weltmuseums ist, neue Räume finden.

Fine halte die Stärkung der Verbindung der Sammlungen für "sehr, sehr wichtig".

Gründungsjahr

1891 von Kaiser Franz Josef eröffnet. Es beherbergt heute 3 Millionen Objekte.

Besucher pro Jahr (2019)

1,8 Mio. Besucherinnen und Besucher im Gesamtverband (davon zirka 860.000 im Haupthaus)

Erfolgreichste Schau bisher

"Bruegel" 2018 mit 410.000 Besucherinnen und Besuchern

Budget pro Jahr (2022)

50 Mio. Euro

Kunst und Menschenrecht

Jonathan Fine (voller Name „Jonathan David McLachlan Fine“) wurde  1969 in New York geboren. Er promovierte an der Princeton University in den USA am Department of Art and Archaeology. Bereits zuvor hatte Fine nach einem Studium der Geschichts- und Literaturwissenschaften (in Chicago bzw. Cambridge) schließlich an der Yale University das Studium der Rechtswissenschaften absolviert. Er war daraufhin lange Jahre in den Vereinigten Staaten als Rechtsanwalt in den Bereichen Menschenrechte, internationale Handelsstreitigkeiten und Verfassungsrecht tätig, bevor er sich der Kunst- und Kulturwissenschaft zuwandte.

Ab 2014 arbeitete Fine als Kurator für die Sammlungen aus Westafrika, Kamerun, Gabun und Namibia am Ethnologischen Museum der Staatlichen Museen zu Berlin. Später wurde er Sammlungsleiter dieser Institution, das 2017 in das neu geschaffenen Humboldt-Forum übersiedelte.

 

Kolonialismus-Experte

Mit der Debatte um die Herstellung neuer Beziehungen zu ehemaligen Kolonien und die Rückgabe von Kulturgütern, die aus dieser Zeit in Museen – auch in den Zuständigkeitsbereich des KHM – kamen, ist Fine bestens vertraut.  Zuletzt leitete Fine ein Gremium, das Richtlinien zum Umgang Österreichs mit solchen Kulturgütern erarbeiten sollte. Die Thematik an sich bereitete er im Weltmuseum niedrigschwellig auf – etwa mit der Einladung des Maori-Künstlers George Nuku 2022 oder mit der aktuellen Schau „Science Fictions“.

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Fine lernte als Weltmuseums-Chef zugleich die Dynamiken und Hierarchien innerhalb des KHM-Verbands aus erster Hand kennen. Möglicherweise hilft es ihm nun, die vielen Bereiche des Museumstankers zu managen.

  • Vinzenz Oberhammer 1955-1966 (von 1955-1959 Administrativer Direktor, danach Erster Direktor)
  • Eduard Holzmair 1967 (Erster Direktor)
  • Erwin Auer 1968-1972 (Erster Direktor)
  • Friederike Klauner 1973-1981 (Erster Direktor)
  • Hermann Fillitz 1982-1990 (Erster Direktor)
  • Georg Kugler 1990 (Interimistischer Erster Direktor)
  • Wilfried Seipel 1990-2008 (Generaldirektor)
  • Sabine Haag 2009-2024 (Generaldirektorin)
  • Jonathan Fine ab 2025 (Generaldirektor)