Wissen/Gesundheit

Frauen wie Angelina Jolie: Medikament könnte Krebs vorbeugen

Eine Person von 350 – Frauen wie Männer – ist von einer genetischen Mutation betroffen, die ihr Risiko für Brustkrebs enorm erhöht. Angelina Jolie hatte sich deshalb 2013 dazu entschieden, beide Brüste abnehmen zu lassen. 2015 ließ sie dann auch ihre Eierstöcke entfernen – auch dieses Krebsrisiko ist bei einer solche Genveränderung stark erhöht.

„Bisher war die vorbeugende Entfernung der gefährdeten Organe die einzige Möglichkeit, das Krebsrisiko wirksam zu reduzieren“, betont Christian Singer, Leiter des Brustgesundheitszentrums AKH / MedUni Wien und Präsident der Österr. Gesellschaft für Senologie (Brustgesundheit). Möglicherweise kann ein Osteoporosemedikament in Zukunft diesen drastischen Schritt überflüssig machen – oder zumindest helfen, Zeit zu gewinnen.

„Die Operationen sind mit zum Teil starken Nebenwirkungen und Langzeitschäden verbunden. Deshalb nehmen nur wenige Frauen diese Möglichkeit der Risikoreduktion wahr.“

Das Osteoporosemedikament (der Antikörper Denosumab) wurde vor einigen Jahren von Josef Penninger entwickelt. Im Tierversuch mit Mäusen zeigte sich auch ein Schutz vor Brustkrebs – aber nur bei jenen Tieren mit einer solchen Mutation im BRCA1- Gen.

Von Wien aus startet jetzt eine internationale, fünfjährige Studie, an der knapp 3000 Patientinnen (25 bis 55 Jahre) mit einer BRCA1-Mutation teilnehmen sollen. Sie dürfen noch nicht an Brustkrebs erkrankt sein und auch noch keine beidseitige Brustentfernung durchgeführt haben. Sie erhalten fünf Jahre lang alle sechs Monate eine Denosumab-Injektion oder ein Placebo.

Derzeit sollen betroffene Frauen besonders engmaschige Kontrollen durchführen, u. a. ab 25 jährlich zur Magnetresonanztomographie, ab 35 jährlich zur Mammografie gehen. Damit ist die Chance groß, eine Krebserkrankung im heilbaren Frühstadium zu entdecken. Verhindern kann man eine Erkrankung so aber nicht.

Neue Generation

Und es gibt noch andere positive Nachrichten: Eine neue Medikamentengeneration verbessert bei Patientinnen mit Genmutation, die bereits an fortgeschrittenem Brustkrebs erkrankt sind, ihre Prognose im Vergleich zu Chemotherapien. Der erste Wirkstoff ist seit wenigen Tagen für diese Gruppe zugelassen. „Die Therapie ist effektiver und es gibt deutlich weniger Nebenwirkungen“, sagt Onkologe Günther Steger (AKH/MedUni Wien).

Die Grundlage dieser Erfolge sind genetische Untersuchungen. Derzeit gibt es österreichweit in den Spitälern 90 Beratungsstellen für familiären Brust- und Eierstockkrebs. „Man darf genetische Untersuchungen nicht auf wenige hoch spezialisierte Zentren beschränken“, betont Singer. „Genetische Analysen bestimmen zunehmend den medizinischen Alltag.“

In Deutschland gibt es mittlerweile 230 Kliniken in einem Netzwerk, die unter hohen Qualitätsstandards genetische Analysen durchführen und auch niedergelassene Ärzte einbinden wollen. Eine derart breites Angebot fordert Singer auch für Österreich: „Eine qualitätsgesicherte Beratung und Diagnostik muss in weit größerem Maße möglich sein als heute. Ansonsten laufen wir Gefahr, dass verunsicherte Betroffene vermehrt auf unseriöse private Gentest-Anbieter zurückgreifen.“

Viele wissen nichts

Schon jetzt weiß ein Großteil der Patientinnen mit einer solchen Gen-Mutation nichts über ihr erhöhtes Risiko für Brustkrebs. Eine genetische Beratung wird empfohlen, wenn es in einer Linie der Familie (mütterliche oder väterliche Seite) u. a. folgende Erkrankungen gab oder gibt: Zwei Brustkrebsfälle vor dem 50. Lebensjahr, drei Erkrankungen vor dem 60. oder einen Brustkrebsfall vor dem 35. Lebensjahr.

Nähere Informationen finden Sie hier: www.brustgenberatung.at