Tiercoach: Warum Kaninchen den Kopf zu den Sternen drehen
Von Hedwig Derka
Kaninchen lieben das Leben im Freien. Sie genießen den Auslauf und die Möglichkeit zu graben. Sie freuen sich über die frische Luft und darüber, alles beschnüffeln zu können. Außerdem mümmeln die Dauerfresser gerne grünes Gras, Löwenzahn und Kräuter aus der Natur. Doch dieses Futter – selbst gezupft oder fremd gepflückt – kann ihrer Gesundheit zusetzen: Einzellige Parasiten darauf verursachen die so genannte Sterngucker-Krankheit.
"Mikrosporidien, die durch Wildkaninchen und Mäuseartige verbreitet werden, können Enzephalitozoonose auslösen", sagt Zoodoc Katharina Reitl. Der KURIER-Tiercoach erklärt, worunter Patienten – Vierbeiner wie Mensch – leiden und warum die Diagnose nicht immer einfach ist.
Übertragungsweg
Infizierte Wildtiere scheiden die Parasiten als Sporen mit dem Harn, eventuell auch über den Kot aus. Durch verunreinigtes Futter und Heu nimmt die Übertragung ihren Lauf – vom Maul in den Magen-Darm-Trakt, von den Darmzotten in die Blutbahnen, von dort in die Organe.
"Hauptsächlich sind Nieren und Hirn betroffen", sagt die Tierärztin aus der Ordination Tiergarten Schönbrunn. Auch die Augen können in Mitleidenschaft gezogen sein. Nicht zuletzt gehen die Sporen durch die Plazenta zum Fetus und schädigen den Nachwuchs.
Das sind die Symptome
"Bis zu 45 Prozent der Kaninchen hatten schon Kontakt mit dem Erreger; nicht viele bekommen Symptome", sagt der Zoodoc. Verdrehen die Patienten die Augen oder den Kopf nach oben bzw. sich als Ganzes, liegt der Verdacht für eine Enzephalitozoonose nahe. Bei Vierbeinern mit differenzierten Zuständen, darunter Appetitlosigkeit, verklebte Nase und Lähmungen, muss das Blut auf Immunglobuline untersucht werden. Fachtierärzte empfehlen auch bei der Neuanschaffung bzw. vor der Vergesellschaftung von Kaninchen einen Bluttest zur Bestimmung der relevanten Werte.
Blutuntersuchung
Der IgG-Wert gibt Auskunft über Antikörper im Langzeitgedächtnis des Körpers, der IgM-Wert zeigt die aktuelle Belastung an. Problematisch wird es, wenn sich die Krankheit erst spät zeigt und die Nieren bereits nachhaltig geschädigt sind.
Gefährlich wird es, wenn die Zoonose auf den Halter übergreift. Vor allem immungeschwächte Menschen leiden dann unter Fieber, Durchfall, Entzündungen, Glieder- und Kopfschmerzen. Hygiene ist in der Haltung oberstes Gebot.
"Kaninchen können sich oft gut stabilisieren – die Symptome verschwinden wieder", sagt Reitl. Ein Antiparasitikum, eventuell ein Antibiotikum, Vitamin B zum Schutz der Nerven, die Stärkung des Immunsystem und in Ausnahmefällen Cortison zwecks Eindämmung der Entzündungen tragen zur Besserung bei.
Ein Nest, das den Vierbeiner von beiden Seiten stützt, gleicht seine Schieflage aus und schützt vor Verletzungen.
"Nicht alle Kaninchen erkranken durch Mikrosporidien. Besitzer sollten die Krankheit aber kennen, um rechtzeitig aktiv und vorsichtig zu werden“, sagt der KURIER-Tiercoach: "Grünfutter sollte aus Angst vor einer Übertragung keinesfalls vom Speiseplan gestrichen werden."
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