Wie die Rezepte einer italienischen Nonna in Tirol begeistern
Von Anita Kattinger
Die Familiengeschichte beginnt in den 1930er-Jahren, als Eliana auf einem Bauernhof in Maniago im italienischen Friaul-Julisch Venetien aufwächst. Mutter und Großmutter verkochen stets die eigenen Zutaten vom Feld und Garten sowie jene Lebensmittel, die mit Nachbarn getauscht werden konnten. Um Arbeit zu finden, geht die junge Frau zuerst nach Rom, dann in die Schweiz, um dort als Kellnerin und in der Küche zu arbeiten.
In der Schweiz verliebt sich Eliana in ihren Kollegen Osvaldo, gemeinsam gehen sie zurück in Elianas Heimat und eröffnen ihre Locanda Calda – 25 Jahre lang walken sie täglich Nudelteig aus und köcheln stundenlang ihre Sughi ein. Vier Kinder und zahlreiche Enkelkinder komplettieren das Familienglück. Jetzt könnte die Geschichte enden, tut sie aber nicht.
Ein neues Leben in Österreich
Denn Enkel Marco Romano lauscht den Geschichten seiner Nonna besonders gerne und steht stundenlang bei ihr in der Küche. Das Talent fürs Kochen hat er nicht nur von Eliana und Osvaldo geerbt, sondern auch von der anderen Familienseite aus Bozen, wo der Großvater und der Vater Pizzaioli waren.
Bis 2010 lebt Romano in Jesolo, dann wagt er einen Neuanfang in Österreich, "weil er eine andere Vision vom Leben" haben will. Hier heuert er als Barkeeper bei der italienischen Systemgastronomiekette L’Osteria an und kümmert sich um Standort-Eröffnungen sowie Einschulungen.
Vor zwei Jahren landet er im Tiroler Seefeld, wo er gemeinsam mit einem Partner das Restaurant Pauly betreibt. Doch dann kommt die Krise: "Wir haben immer schon nach den Rezepten meiner Oma im Restaurant gekocht und frische Pasta zum Mitnehmen verkauft, oft bis zu 60 Portionen am Tag."
In ihrem alten Lager beim Bahnhof eröffnen sie im Krisenjahr eine kleine Pasta-Manufaktur und verkaufen seitdem hausgemachte Produkte – auch von Bauernhöfen aus einem Umkreis von rund 30 Kilometern. Mittlerweile gibt es neben getrockneter und frischer Pasta rund zehn verschiedene Sugos und Pestos. "Getrocknete Spaghetti No. 8 brauchen vier bis sieben Minuten, bis sie bissfest sind. Frische Ravioli hingegen nur drei bis vier."
Das Geheimnis von selbstgemachter Pasta
Die Pasta macht Romano gemeinsam mit Mutter Aurelia. Worauf es bei der Zubereitung ankommt: "Auf das Ei! Pasta aus Grieß und Wasser kann jeder. Wir verwenden große Eier aus einer Bio-Landwirtschaft mit einem sehr gelben Dotter."
Außerdem wird der Teig mindestens 60 Stunden bei rund 20 bis 27 Grad Raumtemperatur sowie 40 Grad Luftfeuchtigkeit luftgetrocknet. "In der Industrie würde dieser Prozess zwischen 10 und 18 Stunden dauern. Man schmeckt den Unterschied.“ Mit seiner Pastamaschine aus Ligurien schafft der Gastronom drei Kilogramm Teigwaren in der Stunde: "Wichtig ist, dass die Pasta nicht heißer als 42 Grad wird, darum pausieren wir zwischen dem Walzen des Teiges einmal."
Was mit frischer Pasta machen, wenn man nicht die ganze Menge braucht? "Im Tiefkühlfach einfrieren – sie bleibt zwei Monate lange frisch."
Ein Klassiker, der ins Glas abgefüllt wird, ist die Bolognese: "Meine Nonna schwitzt zuerst Zwiebel in Olivenöl an, dann kommt Gemüse dazu und nach 15 Minuten das Rindfleisch. Wir verwenden Fleisch vom Fassona-Rind aus dem Piemont. Auch ein Schuss Rotwein darf nicht fehlen. Die Bolognese muss mindestens drei Stunden köcheln."
Wie reagierte Nonna Eliana, als sie ihren Namen und ihr gezeichnetes Porträt auf den Produkten sah? "Sie fragte: Warum bin ich nicht selber auf die Idee gekommen? Und du musst darauf achten, dass ich gut aussehe.“