Wiener Stadträtin Ulli Sima: "FPÖ ist Lobby für Gesetzesbrecher"
„Good Vibes Only“ steht auf einem Schild an der Tür zu Stadträtin Ulli Simas Büro. „Nur gute Schwingungen“. Sima selbst hält sich an die Anordnung. Zumindest, solange es im Gespräch nicht um die FPÖ geht. Mit dieser trägt Sima einen Streit aus, der sich fast treffender als Fehde bezeichnen ließe. Facebook-Postings und Hasskommentare inklusive.
„Weil ich erfolgreich bin“, sagt Sima. Weil sie eine Hundehasserin sei, sagt die FPÖ, die seit einiger Zeit Philippa Strache – Ehefrau des Vizekanzlers und FPÖ-Bundestierschutzbeauftragte – gegen Sima ins Rennen schickt.
KURIER: Frau Stadträtin, haben Sie Philippa Strache schon einmal persönlich getroffen, wie sie Ihnen das angeboten hat?
Ulli Sima: Nein. Ich stehe dem aber offen gegenüber. Auch wenn es in der Sache sinnvoller wäre, sich mit einer gewählten Politikerin als mit der Privatperson Philippa Strache zu unterhalten. Denn in der politischen Auseinandersetzung gibt es klare Spielregeln.
Der Streit zwischen Ihnen beiden ist leidenschaftlich.
Fakt ist, dass die FPÖ die Lobby jener Kampfhundebesitzer ist, die Gesetze brechen. Wir haben die strengen Regeln für Kampfhunde erlassen, nachdem es in Wien einen Todesfall gegeben hat. Dass die FPÖ nun jene unterstützt, die die Regeln nicht einhalten, ist befremdlich und ein gefährliches Signal. Mir ist wichtig, dass sich alle Menschen, vor allem die Kinder, in Wien sicher fühlen können und dass das Miteinander funktioniert.
Manche Besitzer von Listenhunden – also von jenen Hunden, die Sie Kampfhunde nennen – beklagen das Gegenteil und erzählen von Anfeindungen.
In der Stadt, in der der Platz stärker begrenzt ist als am Land, kann das Zusammenleben nur mit Rücksichtnahme funktionieren. In den vergangenen Wochen gab es wieder Vorfälle, bei denen Besitzer von Kampfhunden leichtfertig waren. Eine Frau erlitt schwere Wunden bis auf den Knochen, ein Chihuahua wurde zu Tode gebissen, ein Faltenhund schwer verletzt und erst am Freitag hat ein Kampfhund einen kleinen Yorkshire Terrier getötet.
Die Strafen bei Verstößen gegen Leinen- oder Maulkorbpflicht sind massiv. Zuletzt musste ein Halter 1.000 Euro zahlen. Ist das wirklich verhältnismäßig?
Wenn jemand mit einem Tier unterwegs ist, das 60 Kilo schwer ist und eine Bisskraft hat, mit der es Ihnen den Arm abbeißen oder Sie sogar töten kann? Ja. Das sind so massive Auswirkungen, dass wir uns als Gesetzgeber für hohe Strafen entschieden haben.
Eine aktuelle Literaturstudie der Veterinärmedizinischen Uni kommt zum Schluss, dass Listenhunde nicht gefährlicher sind. Zweifeln Sie an diesen Ergebnissen?
Ja. Das ist eine Studie, die von der FPÖ-Sozialministerin für die FPÖ in Auftrag gegeben hat. So ehrlich muss man doch sein. Ich drehe das Rad der Zeit zurück: Wir haben im Jahr 2010 eine Volksbefragung gemacht, und die Frage nach dem Hundeführschein hat mit über 89 Prozent die höchste Zustimmung bekommen.
Seit der Einführung haben wir die Zahl der Bisse durch Kampfhunde laufend evaluiert. Es gab einen signifikanten Rückgang. Diese Listen für Kampfhunde gibt es übrigens in allen europäischen Großstädten. Daraus lese ich heraus, dass es überall Probleme mit diesen Rassen gab.
Könnte es ein totales Verbot dieser Hunderassen geben?
Das ist nicht das Ziel. Aber natürlich soll das Gesetz einen Lenkungseffekt haben. Wir hoffen, dass sich die Menschen überlegen, ob sie sich anstelle eines Kampfhundes eine andere Rasse zulegen. Das passiert auch. Die Zahl der Kampfhunde stagniert.
Dennoch: Der FPÖ scheint es besser als der SPÖ zu gelingen, sich als die Partei der Tierfreunde zu positionieren – egal ob Hunde oder Ziesel ...
Dem möchte ich wirklich widersprechen. Die FPÖ ist eine Lobby für Kampfhunde-Besitzer, keine Lobby für Tiere allgemein. Wir hingegen haben etwa das Tierquartier, das Tierschutzhaus der Stadt Wien, errichtet. Da sind Tiere auf wirklich tollem Niveau untergebracht. Wien ist da international führend. Dass die FPÖ gerade auf Social Media mit Halbwahrheiten gegen mich husst, ändert nichts an unseren Leistungen zum Wohle der Tiere.
Sie werden gerne – wenig schmeichelhaft – mit dem Titel der Verbotsstadträtin bedacht. Tragen Sie den mit Stolz?
Ich kann gut damit leben. In Wien versuchten wir es lange mit freiwilligen Maßnahmen. Aber manchmal reicht es nicht, an die Menschen zu appellieren. Dann braucht es Regeln. Das galt damals für den Hundekot, und es gilt fürs Essen in der U-Bahn. Wenn ich die Menschen zehn Jahre lang bitte, keine Nudelpfanne in den Öffis zu essen, und sie tun es trotzdem, dann muss ich irgendwann handeln. Und die Fahrgäste befürworten die Maßnahme.
Dennoch ist der Kurs der Wiener SPÖ rigoroser geworden. Mache würden sagen, sie ist nach rechts gerückt. Ein Vorschlag wie jener des Wien-Bonus wäre früher nicht von der SPÖ, sondern von der FPÖ gekommen.
Die Gesellschaft hat sich verändert. Sie hat weniger Verständnis dafür, dass sich manche nicht an die Regeln halten. Und die SPÖ hat sich natürlich mitentwickelt. Was wir anders machen: Wir vergessen nicht auf die Schwächsten und kriminalisieren nicht. Wir setzen auf ein Miteinander in unserer Stadt.