Chronik/Wien

Wiener Polizei kündigt neue Strategie gegen Corona-Demos an

Sie treten als Querdenker, Fairdenker oder Corona-Querfront auf. Sie demonstrieren gegen die Maßnahmen, verbreiten Verschwörungstheorien und weigern sich, Masken zu tragen oder Abstand zu halten. Selbst, wenn sie dicht gedrängt durch die Straßen ziehen.

Am Sonntag wurde eine solche Versammlung mit rund 2.000 Teilnehmern am Heldenplatz deshalb von der Polizei aufgelöst. Trotzdem zogen danach zwei unangemeldete Demozüge durch die Innenstadt. Für Mittwoch wurden bereits weitere „Spaziergänge“ in Judenburg, Weiz, Innsbruck und Amstetten angekündigt.

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Nachdem Kritik laut wurde, warum die Exekutive da nicht einschreiten würde, kündigte das Innenministerium an, bis Donnerstag Richtlinien auszuarbeiten, wie mit den Corona-Demos zukünftig umgegangen werden soll. Auch der Wiener Landespolizeivizepräsident Franz Eigner kündigt an, dass die Wiener Polizei ihre Taktik gegenüber den Corona-Demos ändern wird.

Vorab-Prüfung von Demos

„Wir wissen jetzt, dass sich nicht an die Auflagen gehalten wird“, sagt er im Gespräch mit dem KURIER. Eigner betont zwar, dass das Demonstrationsrecht ein Grundrecht sei, das selbst in der Pandemie nicht eingeschränkt worden ist. Aber: Es müssen eben Masken getragen oder der Mindestabstand eingehalten werden.

„Das versteht keiner, wenn in anderen Bereichen so restriktiv vorgegangen wird und bei diesen Versammlungen nicht – die anderen Bürger halten sich ja auch an die Maßnahmen“, sagt Eigner.

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Deswegen werde die Polizei zukünftig schon bei der Anmeldung von Versammlungen genau schauen, wer dahintersteckt und ob der angemeldete Zweck tatsächlich dem Zweck der Versammlung entspreche. Wenn man Beweise findet, dass sich die Teilnehmer nicht an die Maßnahmen halten werden, würde man sie schon im Vorhinein untersagen.

Sollte es dann doch zu der Versammlung kommen, könne man diese auflösen. Dabei sei aber die „Verhältnismäßigkeit“ und die Größe der Versammlung ausschlaggebend, sagt Eigner. Denn bei Tausenden Teilnehmern könne die Polizei nicht von allen die Identität feststellen.

Dafür bräuchte man ein „riesen Polizeiaufgebot“. Einzelne Teilnehmer aus der Masse herauszufischen sei ein weiteres Problem, denn dafür könnte laut Eigner „massive Körperkraft“ notwendig sein. Andere Teilnehmer könnten in Mitleidenschaft gezogen werden und schließlich sei der Zweck die Verhinderung des Infektionsrisikos, das im Gedränge steigen würde.

Radikalisierung im Netz

Zwar sei von den Demonstrationen bisher noch keine gröbere Gewalt ausgegangen, dennoch würde man die zunehmende Radikalisierung im Internet beobachten. „Die große Sorge ist, dass sich ein oder zwei Personen finden, die das dann tatsächlich umsetzen“, sagt Eigner.

Zu den umtriebigsten Aktionisten auf dieser „Corona-Bühne“ zählt der Kärntner Martin Rutter. Der 38-Jährige betreibt die Website coronawiderstand.org, beim Messeneger-Dienst Telegram zählt er derzeit 4.919 Mitglieder, seine Facebook-Seite haben 21.183 Personen abonniert.

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Von 2009 bis 2012 war Rutter für die Grünen tätig, danach saß er für das Team Kärnten (ehem. Team Stronach) mehrere Jahre im Landtag, wurde aber wegen seiner Teilnahme am Ulrichsberg-Treffen 2017 aus der Partei ausgeschlossen.

Heute hat seine Corona-Bewegung in jedem Bundesland „Mitmach-Gruppen“. Dazu zählt aber auch seine österreichweite „Widerstandsgruppe gegen Medienlügen in sozialen Medien“. Zwecks Finanzierung seiner Aktivitäten hat der selbst ernannte Systemkritiker ein Spendenkonto eingerichtet.

Auf seiner Seite kündigt Rutter übrigens schon die nächste Demo in Wien an: Sie soll am 16. Jänner stattfinden – wieder auf dem Heldenplatz.