Wien als "Straßenbahnhauptstadt": Bim-Ausbau bis nach Niederösterreich
Von Katharina Zach
28 Straßenbahnlinien gibt es in Wien. Sie transportieren jährlich 305,8 Millionen Fahrgäste. Aktuell ist das Straßenbahnnetz 220 Kilometer lang - und es soll noch länger werden. Sogar bis nach Niederösterreich. Der Hintergund ist auc ein wirtschaftlicher. Denn Der Öffi-Ausbau bringt Arbeitsplätze und trägt zum Bruttoinlandsprodukt bei.
Bis 2029 wollen die Wiener Linien bis zu 860 Millionen Euro in den Straßenbahn-Ausbau investieren - inklusive der bereits realisierten Erweiterung der Linie D.
Ein großer Teil des Ausbauprogrammes betrifft dabei Verbesserungen im Pendlerverkehr. Immerhin kommen täglich 260.000 Pendler nach Wien, zwei Drittel davon derzeit mit dem Auto. „Hier müssen wir ansetzen und arbeiten daher an Stadt-Umland-Projekten nach Schwechat, Groß-Enzersdorf und Kaltenleutgeben“, erklärt Öffi-Stadträtin Ulli Sima (SPÖ).
Damit wird nun ein Projekt immer konkreter, über das der KURIER bereits im Juni ausführlich berichtet hat.
Straßenbahnen bis Schwechat und Groß-Enzersdorf
Das erste Projekt, das realisiert werden könnte, ist eine neue Straßenbahnlinie von Simmering nach Schwechat. Bereits 2023 könnte die neue Bim den Betrieb aufnehmen und eine neue Öffi-Direktverbindung von Rannersdorf und Schwechat-West nach Simmering schaffen. Der Vorteil: Die Linienverlängerung bietet eine Verknüpfung mit Regionalbussen in Schwechat und Umstiegsmöglichkeiten zur S7 in Kaiserebersdorf sowie der U3 und S80 in Simmering.
Auch eine Verlängerung der Linie 25 bis Groß-Enzersdorf wird derzeit angedacht. Damit wäre es möglich, direkt von Groß-Enzersdorf und Essling über den Ortskern Aspern zum Donauspital an der U2 und weiter nach Kagran zur U1 zu gelangen.
Die dritte Idee betrifft die Wiener Lokalbahnen mit ihrer Badner Bahn. Diese prüfen eine Bahnverbindung von Liesing über Perchtoldsdorf und Waldmühle nach Kaltenleutgeben. Damit gäbe es eine rasche Verbindung zur S-Bahn in Liesing sowie zur Linie 60 in Rodaun.
In Niederösterreich freut man sich. „Ulli Sima und ich sind übereingekommen, dass wir Umsetzungsmöglichkeiten und notwendige Rahmenbedingungen für diese Verlängerungen intensiv prüfen werden. Ein Ergebnis soll im Frühjahr von der Planungsgemeinschaft-Ost (PGO) vorgelegt werden", erklärt Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP).
Es geht um viel Geld, Experten schätzen die Kosten auf rund 400 Millionen Euro. Dazu kommen noch jährliche Bestellkosten des Verkehrsangebots in der Höhe von 40 Millionen Euro.
300 Millionen bereits in Wien investiert
Hintergrund der Planungen ist übrigens auch eine aktuelle Studie des Wiener Standortanwalts in Kooperation mit den Wiener Linien. Diese stellt der Straßenbahn aus ökologischer und auch wirtschaftlicher Sicht ein hervorragendes Zeugnis aus. Der Öffi-Ausbau nach Niederösterreich war in den vergangenen Jahren bereits öfter Thema. Allerdings ging es da vielfach um S-Bahn bzw. U-Bahnausbau. Letzterer wurde aber stets als nicht wirtschaftlich betrachtet.
In der Stadt selbst sind bereits in den vergangenen drei Jahren 300 Millionen Euro für den Ausbau des Straßenbahnnetzes in die Hand genommen worden.
So wurde die Linie D im Dezember 2019 um zwei Haltestellen vom Hauptbahnhof in das Favoritner Stadterweiterungsgebiet Sonnwendviertel verlängert. Damit wurde auch eine zusätzliche Umsteigemöglichkeit in die Straßenbahnlinien 6 und 11 bei der neuen Endhaltestelle Absberggasse geschaffen.
Ab Oktober 2020 fährt die Linie O vom Praterstern um vier Haltestellen ins Stadterweiterungsgebiet Nordbahnhofviertel weiter. Am Tabor entsteht ein knapp 150 Meter langes Grüngleis und eine Verbindung vom Öffi-Knotenpunkt Praterstern zum neuen Bildungscampus Christine Nöstlinger.
Generell wird in der Stadt bei der Öffi-Erschließung von Stadterweiterungs- und Stadtentwicklungsgebieten - etwa in den Grätzeln Nordbahnhof, Nordwestbahnhof oder der Seestadt Aspern - der Fokus auf Straßenbahnen gelegt.
Gut für Pendler - und für die Wirtschaft
Doch der Ausbau hat nicht nur für Öffi-Nutzer Vorteile. Der Wiener Standortanwalt hat berechnet, was die Investitionen ins Straßenbahnnetz volkswirtschaftlich bringen. Den Berechnungen zufolge soll der Ausbau 5.300 Jobs in Wien und 4.300 im Rest von Österreich schaffen. Zudem tragen die Projekte mehr als eine Milliarde Euro zusätzlich zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei, 540 Mio. Euro entfallen dabei auf das Wiener Bruttoregionalprodukt.
„Es ist das Gebot der Stunde, in den Infrastruktur-Ausbau zu investieren. So sichern wir den Arbeitsmarkt, stützen die heimische Wirtschaft und machen den Standort international wettbewerbsfähiger", sagt Alexander Biach, Standortanwalt in der Wirtschaftskammer Wien. Wien habe die einmalige Chance zur Welthauptstadt der Straßenbahnen zu werden.
Auch Öffi-Stadträtin Sima betont den wirtschaftlichen Aspekt. "Der aktuelle Bericht des Standortanwaltes zeigt nochmals deutlich, dass gerade in diesen so herausfordernden Zeiten Investitionen in den umweltfreundlichen Öffi-Ausbau ein wichtiger Hebel sind um die Konjunktur anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen - und genau das tut Wien sehr intensiv.“