Chronik/Wien

Platzverbot für Gegner, aber Hunderte bei Demo in Favoriten

Um 17.30 Uhr ging es am Columbusplatz wieder los:  Erwartet wurden erneut Hunderte Demonstranten, die gegen "die aktuelle türkisch-nationalistische Aggression" auftreten. Kurdische Aktivisten in Wien also, die schon wie am Freitagabend ihre Demonstration korrekt angemeldet hatten.

Polizei sichert Zugänge

Während es jedoch gestern schon kurz nach Beginn zu einer Störaktion durch Anhänger der rechtsextremen türkischen "Grauen Wölfe" kam, blieb es am Samstagabend vorerst ruhig. Die Teilnehmeranzahl wurde nach ersten Angaben mit rund 1.000 beziffert. Die Polizei sprach am Abend von 450.

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Die Polizei war jedenfalls gerüstet, über Teile Favoritens wurde ein Platzverbot verhängt: Jeder Zugang zur Demo war mit Dutzenden Polizisten gesichert, die in versetzten Reihen gestaffelt aufgestellt waren.

Nicht an der türkischen Botschaft vorbei

Brisant wäre jedoch auch die irsprüngliche Routenwahl der Aktivisten gewesen: Sie hätte an der türkischen Botschaft vorbei geführt. Doch diese Route wurde großräumig abgesperrt.

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Mit den Sicherheitsmaßnahmen wollte die Polizei jedenfalls Szenen und Ausschreitungen von Freitagabend verhindert werden, als zumindest 50 Mal soll der verbotene "Wolfsgruß" zu sehen gewesen sein, das Symbol der extremen türkischen Rechten.

Böller krachten

Fazit des Einsatzes in Favoriten Freitagabend: Ein Polizist wurde leicht verletzt, als eine Flasche auf ihn geworfen wurde. Fünf seiner Kollegen erlitten durch einen Böller, der neben ihnen explodierte, Tinnitus. Drei Männer wurden festgenommen, laut Polizeisprecher Patrick Maierhofer kam es bis spätnachts zu "zahlreichen Idenditätsfeststellungen und verwaltungsrechtlichen Anzeigen".

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Diskussion um Hebein

Nicht nur verwaltungstechnisch, sondern auch politisch fiel nach dieser eskalierten Demo einige Aufräumarbeit an. Dass Vizebürgermeisterin Birgit Hebein, Grüne, bei der - angemeldeten - Demo war, passt blauen wie schwarzen Kommunalpolitikern gar nicht.  Dominik Nepp, FPÖ-Obmann in Wien, nannte Hebeins Teilnahme "besonders skandalös" und forderte ihren Rücktritt: "Sie ist ihrem Amt nicht mehr tragbar." SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig müsse Hebein "sofort aus ihrer Funktion entlassen". ÖVP-Stadtrat Markus Wölbitsch sprach von einem "Skandal der Extraklasse".

Hebein betonte am Samstag jedoch, sie sei aus Solidarität mit dem Anliegen der Kurden ("Kein Platz für Faschismus") zur Versammlung gegangen. "In der Zeit, in der sie dort war, war alles friedlich", versicherte ihre Sprecherin. Doch eines sie natürlich klar: Die Vizebürgermeisterin habe keinerlei Verständnis für die Gewalt danach. "Das ist zu verurteilen." Ob Hebein auch an der heutigen Demo teilnehmen wird, ist noch offen.

Die Ausschreitungen erreichten am Samstag verbal dann auch die Bundespolitik: FPÖ-Chef Norbert Hofer forderte, den "Randalierern die staatliche Hilfe zu kürzen oder streichen". Außerdem müsse ÖVP-Innenminister Karl Nehammer "endlich aktiv" werden: "Er muss prüfen, ob dieses Ausmaß an Gewalt unter dem Deckmantel der Demonstrationsfreiheit noch weiter zumutbar ist."

Verwaltungsbehörde erster Istanz ist allerdings in dem Fall die Wiener Landespolizeidirektion. Die Demo der Kurden war korrekt angemeldet, bestätigt Polizeisprecher Maierhofer.  Die bisherigen Kurdendemos seien alle friedlich verlaufen, es bestehe kein Untersagungsgrund.

Platzverbot für Teile des Bezirks

Allerdings war es nicht das erste Mal, dass in Favoriten Linke und Rechtsextreme aufeinanderprallen. In ähnlichen Situationen kam es etwa in anderen Landeshauptstäden zu Platzverboten, um die zu erwartenden Gegendemonstranten von den Teilnehmern der angemeldeten Kundgebung zu trennen.

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Auch die Polizei Wien greift auf dieses Mittel zurück: Für Teile des 10. Wiener Gemeindebezirks wurde "aus Erfahrung der Ereignisse" ein Platzverbot erlassen, hieß es am Samstagnachmittag.