Chronik/Wien

Währing: Das neue grüne Kernland

Bei der Wahl 2015 trennten ÖVP und Grüne nur 212 Stimmen. 2020 waren es mehr als zehn Mal so viele, nämlich exakt 2.864. Die grüne Bezirkschefin Silvia Nossek hat sich also klar durchgesetzt. Und damit etwas erreicht, das im Vorfeld als unwahrscheinlich galt.

Das lag (abgesehen von der knappen Ausgangssituation) einerseits an der ÖVP. Die Türkisen hatten die Rückeroberung des bürgerlichen Währings im Wahlkampf zu ihrer obersten Priorität erklärt. 69 Jahre hatte die ÖVP dort regiert, bevor Nossek (dank der Briefwählerstimmen) an die Macht kam. Andererseits musste die Bezirksvorsteherin wegen mehrerer Rückschläge zittern: Das Jahr vor der Wahl ist für die 56-Jährige nämlich holprig verlaufen.

Umbau gescheitert

Der Grund: Nossek konnte so manches Projekt nicht umsetzen. Jüngstes Beispiel: die Anbindung der Buslinie 42A an die S-Bahn über die Gersthofer Straße und die Salieri- und die Schöffelgasse. SPÖ, ÖVP, FPÖ und Neos lehnten den grüne Routenvorschlag ab und beschlossen nur zwei Wochen vor der Wahl eine alternative Strecke.

Noch problematischer schien aber der verschleppte Umbau des Gersthofer Platzls – Nosseks Vorzeigeprojekt. Wäre es nach der Grün-Politikerin gegangen, würde der Bereich unter der S-Bahn-Trasse bereits ganz anders aussehen: Sie wollte dort ab heuer Bäume pflanzen und breitere Gehsteige sowie einen Radstreifen bauen lassen – und dafür auf der Gersthofer Straße stadtauswärts eine Autospur wegnehmen.

Doch das Vorhaben scheiterte an der Finanzierung: Die anderen Fraktionen (bis auf die Neos) verweigerten Nossek das Budget. Und sie verlangten eine Bürgerbefragung.

Machtkämpfe in SPÖ

Die Forderung nach einer besseren Einbindung der Bezirksbewohner wurde auch bei anderen Projekten laut – etwa beim Umbau der Währinger Straße in eine sogenannte Flaniermeile. Nossek sah sich einmal mehr einem Vorwurf ausgesetzt, der ihr seit Amtsantritt anhaftet: Ab dem Moment, als sie trotz zweier ablehnender Befragungen das Parkpickerl einführte, galt sie als „Drüberfahrerin“.

Richtig schwierig wurde es für Nossek aber erst im Sommer 2019: Da verlor sie im Bezirksparlament die Unterstützung der SPÖ. Damals bekam die rote Bezirksorganisation nach heftigen internen Machtkämpfen einen neuen Chef, Andreas Höferl. Er versuchte sich, mit einem harten Kurs gegen die Grünen zu profilieren. Ohne Erfolg: Von allen Bezirken erreichte die SPÖ in Währing mit 17,9 Prozent den geringsten Stimmenanteil.

Die ÖVP wiederum wollte Nossek mit Kasia Greco, ihres Zeichens Vizechefin der Wirtschaftskammer Wien, Konkurrenz machen. Für sie ging sich nur ein kleines Plus von 0,2 Prozentpunkten aus.

Größtes grünes Plus

Und Nossek? Die erzielte unter allen grünen Bezirksvorstehern das größte Plus: satte 10,6 Prozentpunkte konnte sie dazugewinnen. In Mandaten heißt das: Die Grünen bekommen im Bezirksparlament zu ihren bisher zwölf Sitzen fünf dazu.

Eine Mehrheit mit den Neos geht sich dennoch nicht aus. Zusammen stellen die beiden Parteien genau 20 von insgesamt 40 Bezirksräten. Um Anträge beschließen zu können, braucht es aber mehr als die Hälfte der Stimmen (also 21).

Nossek gibt sich im Gespräch mit dem KURIER aber trotzdem zuversichtlich, dass ihre Pläne für das Gersthofer Platzl bald Realität werden: „Wir finden sicher eine Lösung.“

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