Streit im Hallenbad: Wenn eine Nackte und eine Burkiniträgerin aneinander geraten
Von Julia Schrenk
Ein paar Wochen ist es her, da soll es in der Umkleidekabine des Simmeringer Hallenbads zu einem Streit zwischen zwei Frauen gekommen sein.
Die eine: nackt.
Die andere: im Burkini.
So berichtet es zumindest Die Presse.
Wie es dazu kam: Die 57-jährige Susanne S. habe sich nach dem Schwimmen in der allgemeinen Frauenumkleide des Hallenbads umgezogen - und sei dabei auch nackt gewesen. Das habe die Frau im Burkini gestört. Denn diese sei mit ihrem kleinen Sohn in der Umkleide gewesen. Und für den Sohn sei die Nackheit von Susanne S. "unangenehm und schlecht" gewesen. Deshalb habe sie ihr Gegenüber aufgefordert, doch in eine Kabine zu gehen und sich dort umzuziehen.
Susanne S. ließ es laut Presse auf eine Diskussion ankommen, entgegnete der Frau, dass sie Atheistin sei und sich von ihrem Burkini genauso gestört fühle.
Der Fall landete bei der Rassismus-Dokumentationsstelle ZARA, denn Susanne S. fühlte sich von der Burkini-Trägerin diskriminiert.
Abgesehen davon, dass man sich in einer Umkleide nun einmal umzieht (und dabei im Falle eines Hallenbadbesuches zuweilen auch Nacktheit zu Tage tritt), wirft dieser Bericht einige Fragen auf.Laut Martin Kotinsky, Sprecher der Wiener Bäder, hat sich der Fall im Herbst 2019 zugetragen. Bis heute gibt es laut Kotinsky keine Zeugen für den Vorfall. Die angeblich Nackte lässt sich nicht namentlich nennen; die angebliche Burkiniträgerin konnte zu dem Fall gleich gar nicht Stellung nehmen.
Ein Einzelfall
Und während es immer mal wieder Beschwerden über Burkinis in Hallenbädern gebe, habe es den umgekehrten Fall - also Beschwerden von Frauen in Burkinis über nackte Frauen ohne Burkinis - noch nie gegeben, sagt Kotinsky.
Man könnte die ganze Sache also auch einfach als das werten, was sie ist: ein Einzelfall. Ein Streit zwischen zwei Frauen, zu dem es warum auch immer gekommen ist. Er lässt keine Rückschlüsse auf die Allgemeinheit zu. Er ist kein Phänomen, das in Wiener Bädern öfter vorkommt. Es gibt kein koordiniertes Vorhaben von burkinitragenden Frauen, die natürliche und zwischenzeitliche Nackheit in allgemeinen Umkleidekabinen verbieten zu lassen.
Wer so einen Fall vor den Vorhang zerrt, ohne die zweite Seite (nämlich die Frau im Burkini) ihre Sicht der Dinge schildern zu lassen, zündet eine völlig erwartbare Debatte an. Und bei der geht es ausschließlich darum, Hass und Ressentiments gegen Muslimas zu schüren.
Nur in Wien: Christoph Schwarz und Julia Schrenk kommentieren regelmäßig Amüsantes, Skurriles und manchmal auch Nachdenkliches aus dem Alltag der Stadt.