Kieselstein statt Drogen: Dealer wurde Opfer einer Attacke
Nicht einmal zwei Monate ist es her, dass sich einer der beiden Angeklagten zuletzt vor einem Richter verantworten musste. Wegen einer Attacke auf einen Kellner im Steirereck wurde der 18-Jährige bereits im Februar verurteilt.
Am Montag steht der Beschuldigte, gemeinsam mit einem zwei Jahre älteren Burschen, erneut vor Gericht. Es geht dieses Mal um schwere Körperverletzung, gefährliche Drohung, Nötigung und Raub.
Als sie den Gerichtssaal betreten, sind ihre Gesichter ausdruckslos. Der Erstangeklagte trägt eine weiße Kapuzenjacke, der Zweitangeklagte erscheint in einem weißen Hemd, schwarzer Hose und schwarzen Lackschuhen.
Der Tag, um den es heute im Wiener Landesgericht geht, ist der 4. Februar. Die zwei Burschen waren an jenem Tag bei der U6-Station Gumpendorfer Straße unterwegs und fragten einen Mann nach Zigaretten. Kein Unbekannter, wie sich schnell herausstellte.
"Er gab uns falsche Drogen"
"Vor ein paar Tagen wollten wir Crystal Meth von dem Mann kaufen. Es waren aber falsche Drogen, er hat uns nur irgendeinen Stein gegeben", sagt der 18-Jährige. Die 40 Euro für das Crystal Meth habe er dem Dealer aber bereits gegeben.
Als die beiden jungen Burschen den Dealer eine Woche später wieder antrafen, forderte der 18-Jährige sein Geld zurück. "Er wollte es mir aber nicht geben, also hab' ich ihn die Treppe runtergestoßen. Es tut mir jetzt aber sehr leid", sagt der Zweitangeklagte.
Benzos, Gras, Kokain
Was danach passiert ist, weiß der 18-Jährige nicht mehr so genau. Er sei auf Drogen gewesen, als er den Mann runterstieß. "Was nehmen sie denn immer so?", fragt der Richter. "Benzos, Gras, Kokain", antwortet der Angeklagte.
Nachdem der Dealer am Ende der Treppe gelandet war, soll der Hauptangeklagte auf den Mann losgegangen sein. Mit Fußtritten und Faustschlägen. Später wird der Mann der Polizei sagen, er sei auch mit einem Messer von einem der Burschen bedroht worden.
"Ich hab' nur mein Messer gezogen, weil ich dachte, er hat selbst eines in seiner Tasche. Ich hatte Angst", sagt der Hauptangeklagte.
Opfer erlitt doppelten Kieferbruch
Der verletzte Mann wurde ins AKH gebracht. Er hatte einen doppelten Kieferbruch erlitten. Im Befund des Krankenhauses wurde zudem vermerkt, dass der Mann auf der Toilette seines Spitalzimmers versucht hatte "Kokain aufzukochen", wie der Richter während der Verhandlung zitierte.
Mitarbeiter hätten dies aber verhindert. Der Mann sagte bei seiner Einvernahme im Spital zudem aus, er kenne die beiden jungen Burschen nicht, die ihn angesprochen haben.
Das Gegenteil beweist aber eine Videoaufnahme aus der Überwachungskamera, das am Montag im Gerichtssaal abgespielt wird. Die beiden Angeklagten starren auf den Bildschirm, nervös wirken sie nicht. Was dazu sagen wollen sie auch nicht.
"Traurige Subkultur der Stadtparkkinder"
Um kurz vor 12 Uhr gab der Richter schließlich seine Entscheidung bekannt: Der Erstangeklagte erhielt wegen Raubes, schwerer Körperverletzung und gefährlicher Drohung 18 Monate unbedingt, der zweite Beschuldigte wegen Nötigung und schwerer Körperverletzung 7 Monate, davon 2 unbedingt 5 bedingt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
"Mein Mandant und seine Familie sind überglücklich, dass die Sache so glimpflich ausgegangen ist. Er wird jetzt versuchen, seine Suchtkrankheit in den Griff zu bekommen. Der Fall hat leider ein Schlaglicht auf die traurige Subkultur der Stadtparkkinder geworfen, die Politik hat hier viel zu lange weggesehen", sagt Philipp Springer, Verteidiger des Zweitangeklagten.