Holländische Riesenkabel werden in Simmering verlegt
Von Nina Oezelt
Gleich neben der S-Bahn-Station Zentralfriedhof, wo die Fiaker-Pferde grasen, die am Zentralfriedhof ihre Runden drehen, steht eine Hochspannungsleitung. Davor wiederum stehen riesige gelbe Kabeltrommel mit einem Durchmesser von 4,3 Meter. Bereits von der S-Bahn-Station aus sind sie zu erkennen.
Die Kabel, die darauf gerollt sind, haben hingegen einen Durchmesser von 16 Zentimeter. Ursprünglich stammen diese Kabeltrommeln aus Holland. 18 solcher Trommeln werden insgesamt verlegt. Der Friedhof sei von den Grabungen für die Leitung nicht betroffen. "Mit diesem Hochspannungskabel möchten wir Wien noch besser mit elektrischer Sicherheit versorgen", erklärt Wiener-Netze-Geschäftsführer Gerhard Fida. Die Wiener Netze seien die einzigen regionalen Netzbetreiber, die auch ein 380kv-Höchstspannungs Kabelnetz unter der Erde betreiben. Geplant wurde das Projekt bereits seit dem Jahr 2009. Die Kosten dafür betragen rund 46 Millionen Euro.
In sechs Bauabschnitten werden 600 Tonnen Kabel verlegt. Man arbeitet sich in Abschnitten vor in Richtung Kraftwerk Simmering, denn dort befindet sich das nächste Umspannwerk. In der anderen Richtung kommt der Strom aus dem Umspannwerk Wien-Südost in Unterlaa, betrieben von Austrian Power Grid und den Wiener Netzen. Die bereits existierenden Höchstspannungskabel in Wien seien derzeit 50 Jahre alt und würden wohl noch 20 Jahre funktionieren, heißt es. Mit diesem Ausbau möchte man aber die Stromversorgung der Stadt zu 99,9 Prozent garantieren.
Die aktuellen Zahlen zum Thema Versorgungssicherheit belegen, dass Kunden und Kundinnen der Wiener Netze pro Jahr statistisch gesehen nur unter 18 Minuten von einer Stromstörung betroffen waren. Das ist wieder eine halbe Minute besser als im Vorjahr und international ein Spitzenwert. Die unabhängige Regulierungsbehörde E-Control prüft die jährlichen Ausfallzeiten der einzelnen österreichischen Stromnetze. Der aktuell veröffentlichte Vergleichswert (ASIDI) für das Jahr 2021 in ganz Österreich beträgt über 26 Minuten (Ausfall- und Störungsstatistik (e-control.at).
Das heißt: Statistisch gesehen, können dann Haushalte immer noch 18 Minuten von einer Stromstörung betroffen sein. Das besagt die aktuelle Statistik von E-Control. Eine Störung, wie sie vor wenigen Wochen im Prater passiert ist, kann also "immer wieder passieren". "Nur selten sind wir jedoch live im Fernsehen mit der Stromstörung", sagt dazu der Wiener-Netze-Chef. Dass Menschen im Prater mehrere Minuten in Fahrgeschäften über Kopf hingen, wissen die Wiener Netze aus den Medien. Beschwerden der Betreiber aus dem Prater wurden nicht an die Wiener-Netze herangetragen.
Ein Meter des Kabels wiegt 45 Kilo und die Kabel werden 3,5 Meter unter der Erde sein. Vergleichbar sei dieses Kabel im Stromnetz etwa mit einer Autobahn im Verkehrssystem. "Außerdem ist es, wie die Hauptschlagader der elektrischen Grundversorgung, bis zu unserem Haushalt gibt es noch viele Verzweigungen und kleine Adern", heißt es von einem Sprecher de Wiener Netze. Der Strom werde auch hier über einige Umleitungen zum persönlichen Haushalt gebraucht. Gefahren für die Leitungen sind übrigens meist die "drei B": Bagger, Baum oder Blitz.
"Eine Firma beschädigte unlängst eine Hochspannungsleitung, das wird wohl einige Millionen kosten, sie haben sich die Pläne vorher nicht gut genug angesehen", erklärt Wiener-Netze-Chef Fida. Nur wenige Firmen in Europa könnten solche Kabelsysteme reparieren. Die Inbetriebnahme der neuen Leitungen ist für 2023 geplant.
Auf 3,6 Kilometern Länge werden die Leitungen über 14 Strommasten geführt. Im zweiten 4,5 Kilometer langen Teilstück werden jetzt rund 13,5 Kilometer Erdkabel vom Ende der Freileitung in der Nähe des Zentralfriedhofs bis zum Umspannwerk Simmering verlegt.
Vor Ort war auch der Bezirksvorsteher des 11. Bezirks, Thomas Steinhart (SPÖ), der eine solche Kabel-Legung zuvor noch nie gesehen hatte und den Vorgang, wie die 700 Meter Kabel in die Künette verlegt wurden, aufmerksam beobachtete.
Die Wiener Netze seien für ihn natürlich auch ein wichtiger Arbeitgeber im Bezirk, denn der Sitz der Wiener Netze befindet sich in Simmering. Für seinen Bezirk freut er sich derzeit außerdem über die Wiederbelebung des Lorymarktes, der ab September probeweise öffnet und die 72er Linie, die schon in drei Jahren von Simmering nach Niederösterreich führen soll.