Gärtnerei Ganger gegen Stadt Wien: Streit beigelegt
Von Julia Schrenk
Die Aufregung war groß, sehr groß. Denn einen Familienbetrieb, noch dazu einen, der seit 1898 besteht, den Garaus zu machen, das kommt nicht gut an.
Und ist jetzt auch vom Tisch. Die Gärtnerei Ganger, die in der Donaustadt einen dreieinhalb Hektar großen Betrieb führt, dürfte nun doch keinen Flächen für Wohnprojekte, die die Stadt Wien dort errichten will, abtreten müssen. Und zwar weder bei den gepachteten, noch bei den Flächen, die im Eigentum der Familie Ganger liegen.
„Ziel der Stadt ist es, die Gärtnerei Ganger in das Stadtteilentwicklungskonzept, das derzeit erarbeitet wird, zu integrieren und damit zu erhalten“, sagt ein Sprecher der für Flächenwidmung zuständigen MA21 auf KURIER-Anfrage. Eine Kehrtwende sei das nicht, sagt der Sprecher. „Die Stadt hatte keine Ambitionen, da grundsätzlich etwas zu ändern.“ Das hörte sich vor einigen Monaten freilich noch anders an.
Rückblick: Im August 2021 wird bekannt, dass zwei Flächen, die die Familie Ganger für ihre Gärtnerei in der Aspernstraße bewirtschaftet und von der Stadt Wien gepachtet hat, an den Wohnfonds Wien übertragen wurden. Dessen Aufgabe: Landbeschaffung für den Wohnbau.
Bei den beiden Flächen der Familie Ganger ist das auch – theoretisch – möglich: Diese sind bereits als Bauland gewidmet, die Familie hat die Grundstücke via Prekariumsvertrag gepachtet und ist seit jeher angehalten, auf den Flächen keine großen Investitionen zu tätigen.
Doch als der Gemeinderat im Jänner des Vorjahres beschloss, die Flächen an den Wohnfonds zu übertragen, rechnete die Stadtregierung nicht mit derart heftigem Widerstand.
Die Gangers gingen an die Öffentlichkeit, 12.282 Personen unterzeichneten eine Petition zum Erhalt der Traditionsgärtnerei. Mittlerweile verlieren aber weder die Gangers noch die Stadt ein böses Wort über den jeweiligen anderen.
Neuer Stadtteil
Grund dafür: Das Stadtteilentwicklungskonzept, das derzeit für das Hausfeld – konkret für das Gebiet Hausfeldstraße, Contiweg und Aspernstraße – erstellt wird. Und darin wird die Gärtnerei Ganger miteinbezogen. Und zwar in ihrer aktuellen Größe – also nicht nur mit jenen Flächen, die im Eigentum der Gärtnerei liegen, sondern auch mit den beiden gepachteten Grundstücken.
Grundsätzlich sieht die Stadt vor, die 72 Hektar große Fläche des sogenannten Hausfelds künftig zur Hälfte für Wohnbau und zur anderen Hälfte für Betriebe zu nutzen. „Langfristig soll im Hausfeld im Sinn der produktiven Stadt ein gemischt genutzter Stadtteil entstehen, der (...) Wohnen und Gewerbe optimal verbindet“, heißt es in dem Konzept.
Ein Spaziergang durch das Hausfeld am 1. April gab den Startschuss für den Planungsprozess. Anrainerinnen und Anrainer konnten in der Folge Feedback-Karten ausfüllen und an die Stadt schicken. Diese werden nun ausgewertet, Ende Juni werden die ersten Entwürfe für das Stadtteilentwicklungskonzept Hausfeld der Öffentlichkeit präsentiert.
Und auch die Gangers bringen einen Vorschlag ein: Der Familie schwebt ein „Agrar Quartier“ vor: „Ein Museumsquartier für Landwirtschaft, mit einem Platz zum Verweilen und Sachen zum Dazulernen“, sagt Daniel Ganger. Mit gemeinnützig geführten Gärten oder Schaugärten – ähnlich wie die Blumengärten Hirschstetten. Die „sehr lieben Kunden“ unterstützen die Familie mit Fachwissen.
Ein „Gegenkonzept“sei das nicht, die Gangers wollen schlicht „Ideen einfließen“ lassen. „Wir streiten nicht, wir versuchen, einen gemeinsamen Weg zu finden“, sagt Daniel Ganger. Im September, wenn der finale Plan für die Bebauung des Hausfelds stehen soll, werden die Gangers wissen, ob das auch funktioniert hat.