Fackelmarsch der Fundamentalisten am Wiener Kahlenberg
Von Konstantin Auer
Im vergangenen Jahr war es ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen rechtsextremen Identitären und linken Aktivisten. Erstere wollten der Schlacht am Kahlenberg vom 12. September 1683 „gedenken“, die die zweite Osmanenbelagerung beendete. Das wurde aber kurzfristig in einen Fackelzug in der Inneren Stadt umgewandelt. Für Aufregung sorgte, dass Ursula Stenzel (FPÖ) mitmarschierte und sogar eine Rede hielt.
Am Samstag fand die Veranstaltung abermals statt, heuer aber ohne Gegendemonstration. Die Linken demonstrierten schon am Nachmittag für die Evakuierung des Flüchtlingslagers in Moria.
Die „Kahlenberg Allianz 1683“ – ein Bündnis aus Vereinen, die vor allem aus dem ultrakonservativen, katholischen Umfeld stammen, traf sich dann am Abend am Kahlenberg und marschierte mit Fackeln zum Leopoldsberg.
Zu den Vereinen zählt etwa der Wiener Akademikerbund, der den „Marsch für die Familie“ als Gegenveranstaltung zur Regenbogenparade veranstaltet. Dazu gehören aber auch die Abtreibungsgegner von „Pro Vita“ und der „Verein Okzident“.
Begleitet wurden die rund 250 Personen von einer Marschmusikkapelle - die unter anderem den Prinz-Eugen-Marsch spielte - wegen ausgeteilter Zettel konnten einige auch mitsingen. Masken trug hier fast niemand - nur einer, dessen Mund-, Nasenschutz die Farben der Flagge des ehemaligen Deutschen Reichs und am Anfang auch des Dritten Reichs hatte.
Identitäres Umfeld
Spätestens beim Verein Okzident gibt es wieder einen Zusammenhang mit den Identitären. Obmann ist Georg Nagel, der zuletzt als Sprecher des österreichischen Ablegers von Pegida auftrat. Er und einige andere Identitäre nahmen auch am Fackelzug teil.
„Im Grunde ist das eine Identitäre Veranstaltung mit einer katholisch-fundamentalistischen Note“, sagt Bernhard Weidinger, Rechtsextremismusforscher vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW).
Offen wolle man das aber nicht zugeben, der gemeinsame Nenner der Vereine sei der „antimuslimische Rassismus“. So wurde auch das Gedenken an die Schlacht genutzt, um vor einer erneuten, vermeintlichen „Islamisierung Europas“ zu warnen.
Unter den Teilnehmern trugen manche T-Shirts der Identitären, zu lesen war auf anderen Shirts auch "Vaterlandskämpfer" oder "Europa Nostra". Für Aufregung sorgten auch die "Ordner" der Demonstration, die gleich eine Militäruniform anhatten. Es dürfte sich um Mitglieder der slowakischen Paramilitärs namens "Slovenski Branci" gehandelt haben.
Interessant findet Weidinger vom DÖW, dass man versucht, eine Allianz mit Visegrad-Bezug darzustellen: So kamen Redner aus der Slowakei und aus Polen.
Geredet wurde viel von einem angeblichen "Kampf der Kulturen" und wie sich Europa im Jahr 1683 noch "gewehrt" hätte. Dazwischen gab es Seitenhiebe auf die Corona-Maßnahmen der Regierung, gegen Homosexuelle, gegen Flüchtlinge, gegen Linke, Liberale und Marxisten.
Heuer keine prominenten Teilnehmer der FPÖ
Bekannte Teilnehmer aus der österreichischen Politik wurden heuer nicht gesichtet - obwohl sich etwa auch Norbert Hofer (FPÖ) beim Wahlkampfauftakt am Donnerstag auf die Schlacht von 1683 bezog und dabei ähnliche Worte verwendete, wie die Redner am Leopoldsberg: "Das Schicksal Europas hat sich entschieden vor den Toren Wiens", sagte er etwa.
Heinz-Christian Strache (THC) folgte ihm am Freitag mit einer Aussendung: "Denn wäre Wien damals gefallen, hätte unserem gesamten Kontinent eine Islamisierungswelle gedroht". Auf der Demonstration blieb trotzdem Ewald Stadler (vormals FPÖ und BZÖ) das einzig prominente Gesicht.