Vassilakou: "Bin in intensivem Nachdenkprozess"
Maria Vassilakou fordert eine rot-grüne Aufklärungsgruppe zum Krankenhaus Nord und ein Öffi-Paket.
KURIER: Michael Ludwig soll im Mai Bürgermeister werden. Im Vorfeld kündigte er eine schärfere Gangart gegenüber den Grünen an. Stehen Ihnen harte Zeiten bevor?
Maria Vassilakou:Michael Ludwig wird nun versuchen, die verlorenen SPÖ-Stimmen aus der FPÖ zurückzuholen. Strategisch ist das auch nicht abwegig. Dabei wird er sich inhaltlich unweigerlich von den Grünen wegbewegen.
Befürchten Sie Spannungen für die Koalition?
Ich schließe sie nicht aus. Bei den Grünen gibt es eine klare Haltung zu Menschenrechten, zur sozialen Sicherheit und zum Umweltschutz. Für mich zählt das Regierungsübereinkommen und dass das, was wir bisher erreicht haben, nicht angetastet wird. Mit uns gibt es keine Kürzung der Mindestsicherung auf Kosten derjenigen, die am Existenzminimum leben. Schlussendlich gilt es abzuwarten, welche Taten den Worten folgen.
Nach der Kür Ludwigs kündigten Sie baldige Gespräche mit ihm an. Was haben Sie besprochen?
Wir besprechen regelmäßig alles, was die laufende Arbeit betrifft. Er ist nach wie vor für Wohnbau zuständig und ich für die Stadtplanung – daher sind wir ein eingespieltes Team. Ich werde mein Bestes geben, dass die Zusammenarbeit weiter funktioniert und gehe davon aus, dass er das auch tut.
Kommen wir zu den Grünen. Eine Steuerungsgruppe bereitet derzeit die Parteireform vor. Wie sieht es damit aus?
Im Juni werden erste Ergebnisse vorgestellt, Entscheidungen gibt es bis Jahresende.
Möchten Sie 2020 Spitzenkandidatin sein?
Momentan bin ich in einem sehr intensiven Nachdenkprozess. Wenn dieser beendet ist, gebe ich meine Entscheidung bekannt.
Wie geht es nach der Tiroler Landtagswahl und dem Verlust des Klubstatus’ im Bund in der Bundespartei weiter?
Es ist eine schwierige Zeit. Gleichzeitig war die große Neustart-Veranstaltung vor wenigen Wochen ein schönes Lebenszeichen. Nach diesem Tag bin ich wesentlich optimistischer, dass der Neustart gelingen wird.
Sie haben im Herbst angekündigt, verstärkt auf Bundesebene mitmischen zu wollen. Viel ist davon bisher nicht zu spüren.
Ich leiste meinen Beitrag im Stillen und versuche nach Kräften, die nächste Generation dabei zu unterstützen, sich bei den Grünen einzubringen.
Klubobmann David Ellensohn forderte zuletzt eine rot-grüne Aufklärungsgruppe zum Krankenhaus Nord – nicht gerade zur Freude von Ludwig. Wie geht es damit weiter?
Für uns Grüne ist Aufklärung wichtig. Für die SPÖ müsste sie noch wichtiger sein, weil das Projekt in ihrer operativen Verantwortung passiert ist. Unser Vorschlag ist, nicht darauf zu warten, bis die Opposition soweit sein wird, ihre Aufgabe wahrzunehmen. Es liegt in unserem Interesse, selbst lückenlos aufzuklären und sich nicht ihrem Spiel auszusetzen, unbestimmt lange mit einer U-Kommission zu drohen.
Nach Protesten gegen Hochhäuser beim Franz-Josefs-Bahnhof haben Sie das Widmungsverfahren gestoppt. Haben Sie nach dem Heumarkt-Desaster hier kalte Füße bekommen?
Außer, dass das Wort "Hochhaus" vorkommt, haben diese Projekte nichts gemein. Am Althangrund hätte es die Möglichkeit für Hochhäuser gegeben – verbunden mit vertraglich fixierten Auflagen. Darüber gab es keine Einigung mit dem Investor und auch der Bezirk verweigerte die Zustimmung. Ein Projekt dieser Dimension ist ohne städtebaulichen Vertrag undenkbar.
Gibt es inzwischen konkrete Pläne für die Nachnutzung des Otto-Wagner-Spitals?
Wir sind mit der Bundesimmobiliengesellschaft in Gesprächen wegen einer Nutzung für Kultur- und Bildungszwecke. Es ist gelungen, die Verbauung im Osten drastisch zu reduzieren. Es geht darum, dass dieses Juwel mit Leben erfüllt wird und nicht verrottet. Wir sind in einer Phase, wo Entscheidungen nicht mehr sehr lange auf sich warten lassen werden.
Nach der Präsentation der Lobautunnel-Studie kündigten Sie Gespräche mit Verkehrsminister Norbert Hofer über ein Öffi-Paket an. Gab es die schon?
Ich habe nicht nur mit dem Herrn Minister, sondern auch mit der Wiener Opposition über ein großes Aktionsprogramm gesprochen. Die Studie verdeutlicht, dass es massive Investitionen in den öffentlichen Verkehr braucht. Die Stadt kann das nicht alleine stemmen. Insofern ist es wichtig, dass es kräftige finanzielle Unterstützung vom Bund gibt und wir uns in Wien auf ein Aktionsprogramm einigen, zu dem wir alle stehen. Ich bin guter Dinge, dass das gelingt. Die Signale aus dem Ministerium sind positiv.
Damit Wien künftig nicht im Verkehr erstickt, muss der motorisierte Verkehr reduziert werden – egal ob der Lobautunnel kommt oder nicht. In diesem Punkt waren sich die beiden Studien zur Donauquerung, die Maria Vassilakou im Jänner präsentierte, einig. Wie das gelingen soll, hat das Verkehrsressort nun – basierend auf Arbeiten der Experten – in einem "Aktionsprogramm Verkehr" konkretisiert.
Der Ausbau der Öffis, die flächendeckende Parkraumbewirtschaftung und eine Verkehrsentlastung der Donaustadt sind die Kernpunkte des Papiers. Demzufolge könnte sich neben der U2/U5-Erweiterung eine weitere große U-Bahn-Baustelle auftun. Denn im Programm ist die Verlängerung der U1 nach Rothneusiedl angeführt, die 2012 zugunsten von Oberlaa auf Eis gelegt wurde. Im S-Bahn-Netz sollen unter anderem Verbindungsbahn und Marchegger Ast ausgebaut werden, die S45 soll künftig an der Ostbahnbrücke enden. Mehrere Linien, etwa S80, S60 und S40 sollen häufiger fahren.
Der Opposition hat Vassilakou das Programm bereits präsentiert. Das Gespräch sei konstruktiv verlaufen, sagt Neos-Verkehrssprecherin Bettina Emmerling. Die präsentierten Maßnahmen fordere man seit Jahren. FPÖ-Klubobmann Toni Mahdalik begrüßt die Aufnahme von Gesprächen. Zusätzlich zum Öffi-Ausbau fordert er eine Aufstockung der Park-&-Ride-Anlagen am Stadtrand. "Ja zum Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Aber auch Ja zum Lobau-Tunnel", kommentiert ÖVP-Verkehrssprecher Manfred Juraczka die Pläne.