Kampf um die Wintersaison: Auch Deutschland für Skifahr-Verbot; EU winkt ab
"Es wäre ein zu großes Risiko, ja verrückt, die Skipisten zu öffnen. Man denke nur was der August-Urlaub gebracht habe."
Vor wenigen Tagen preschte der italienische Premier Giuseppe Conte mit einem Vorschlag nach europaweiten Verbot für Skiurlaub während der Weihnachtsfeiertage vor. Und Italien forderte diesbezüglich europäische Geschlossenheit: So solle kein einziges Skigebiet in Europa öffnen dürfen.
Dafür suchte Italien in Deutschland und Frankreich Verbündete und scheint sie gefunden zu haben. Französische Wintersportorte können erst Ende des Jahres wiedereröffnet werden, meinte der französische Präsident Emmanuel Macron. Er würde sich eine Wiedereröffnung im Jänner in Abstimmung mit anderen europäischen Ländern wünschen.
Und auch Deutschland stimmt mit ein: Die deutsche Regierung will sich in der EU dafür einsetzen, Skitourismus in Europa bis zum 10. Jänner zu verhindern.
Die EU jedoch winkt ab.
Kanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsidenten richten einen Appell an alle Bürger, "alle nicht zwingend erforderlichen beruflichen und privaten Reisen, insbesondere touristische Reisen auch ins Ausland, u.a. in Hinblick auf die Skisaison" zu unterlassen.
"Die Bundesregierung wird gebeten, auf europäischer Ebene zu abgestimmten Regelungen zu kommen, um bis zum 10. Jänner Skitourismus nicht zuzulassen", heißt es demnach weiter.
Mittwochabend appellierte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder in der ZDF-Sendung "Markus Lanz - Das Jahr 2020" an die Bevölkerung, Skiurlaube in diesem Jahr zu unterlassen.
Diese Art von Tourismus "konterkariere alle Bemühungen der Bevölkerung", das Virus zu bekämpfen, so Söder.
Denn: Wenn sich die Zahl der Toten im Zusammenhang mit der Pandemie so weiterentwickele, wären es "6000 Tote bis Weihnachten", rechnete Söder vor. Deshalb bleibe er bei seiner Linie "von Umsicht und Vorsicht". Mit Blick auf die Entwicklung der Corona-Pandemie sagte der CSU-Chef: "Ich hätte mir gewünscht, ich hätte mich geirrt."
EU winkt ab
EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides sieht vorerst keine Aussicht auf ein europaweites Skiverbot über die Weihnachtszeit. "Es gibt keine Formel, die für alle EU-Staaten gilt, denn jedes Land hat eine unterschiedliche Situation", sagte die EU-Kommissarin gegenüber Corriere della Sera.
"Weihnachten ist für jeden wichtig, doch nichts in diesem Jahr 2020 ist wie vorher (...) Solange kein Impfstoff verfügbar und eine große Masse von Menschen geimpft worden ist, empfehlen wir den EU-Mitgliedstaaten, ihre Bemühungen zur Eingrenzung der Pandemie fortzusetzen", sagte die EU-Kommissarin.
Die EU-Kommission arbeite, um die Koordinierung im Kampf gegen das Coronavirus zu stärken. "Bald werden wir unsere Richtlinien vorstellen. Die Botschaft ist klar: Wir sehen Licht am Ende des Tunnels dank der Impfstoffe, wir können aber nicht die Restriktionen zu rasch aufheben. Die Gefahr ist ansonsten eine Zunahme der Infektionen nach Weihnachten", warnte Kyriakides.
Reaktionen aus Österreich
Kanzler Sebastian Kurz lehnte am Mittwoch eine länderübergreifend spätere Öffnung der Wintersportgebiete bzw. Druck aus Europa ab. Dass es internationale Abstimmungen dazu gebe, sei "übertrieben", so Kurz.
"Ich kann Ihnen nur sagen, wenn jemand alleine laufen geht im Moment, dann ist das ähnlich gefährlich, wie wenn jemand alleine eine Skitour geht", so Kurz. "Wenn jemand einen Lift verwendet, dann ist das ähnlich, wie wenn er ein öffentliches Verkehrsmittel verwendet. Anhand dieser Gesichtspunkte muss man Entscheidungen treffen."
Wann die Skigebiete in Österreich öffnen werden, das wollte der Kanzler noch nicht sagen. "Wir sind alle keine Hellseher." Jede Öffnung hänge immer von den Infektionszahlen ab.
Finanzminister Gernot Blümel hielt vom italienischen Vorschlag "generell nichts“. "Wenn die EU tatsächlich vorgibt, dass die Skigebiete geschlossen bleiben müssen, dann bedeutet das Kosten von bis zu zwei Milliarden Euro. Wenn die EU das wirklich will, dann muss sie dafür auch bezahlen“, so Blümel. Blümel schlug dafür entweder Direkt-Überweisungen an den Bund, die dann an die betroffenen Unternehmen verteilt würden oder eine Reduktion der österreichischen EU-Zahlungen um diesen Betrag vor.
Ähnliches kommt von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger. Sie sagte am Mittwoch: "Ich kann den Vorstößen nach der Schließung von Skigebieten über Weihnachten nichts abgewinnen." Winterurlaub in Österreich werde sicher sein: "Unsere Betriebe haben bereits umfassende Sicherheitskonzepte für den Skiurlaub."
Verbot falsch
Auch der Tourismusbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Thomas Bareiß, sagte am Mittwoch, er halte ein generelles Verbot für falsch: "Sicherheit geht auch im Winter vor. Aber ich bin davon überzeugt, dass Skifahren in einem gewissen Umfang und unter klaren Kriterien wie zum Beispiel einer maximal erlaubten Anzahl von täglichen Skipässen ohne Probleme möglich ist".