Weniger Getreide wegen Dürre: "Österreich wird verletzbar"
Nichts ist mehr, wie es war. Tropen-Rekordjahre folgen aufeinander. Auch 2018 ist auf dem Weg, jüngste Temperaturextreme zu überbieten. Doch was nach guter Badesaison klingt, hat schmerzhafte Auswirkungen: Denn es sind Rekordschäden, die Hitze und Trockenheit in der Landwirtschaft anrichten, wie die österreichische Hagelversicherung auch für das Jahr 2018 wieder vermeldet.
„Als Risikomanager gehe ich mit dem Begriff Katastrophe sehr vorsichtig um. Wenn ich mir aber die letzten Jahre anschaue, dann steuern wir auf eine Katastrophe hin oder sind schon mitten drinnen. In den vergangenen sechs Jahren traten vier Mal massive Dürreschäden auf. Das heurige Jahr bringt einen Rekordschaden in der Landwirtschaft durch Dürre von rund 210 Millionen Euro“, sagt Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung.
Versorgungssicherheit
„Derartige Wetterextreme betreffen die Lebensmittelversorgungssicherheit Österreichs und somit die gesamte Bevölkerung. Mittlerweile wurde Österreich von einem Getreideüberschussland zu einem Importland. Wir können die österreichische Bevölkerung nur noch zu 80 Prozent mit Getreide selbst versorgen. Österreich wird dadurch in Zukunft sehr verletzbar“, betont Weinberger.
Laut Agrarmarkt Austria (AMA) zeichnet sich eine deutliche Verschiebung zum Herbstanbau ab, der weniger trockenheitsgefährdet ist. Der Trend geht zum Anbau von wärmeliebendem Soja.
Landwirt Dietmar Hipp aus Schweiggers aus dem niederösterreichischen Waldviertel: „Die Bauern in den klassischen Trockenzonen hat es besonders hart getroffen. Aber selbst im Waldviertel sind die Schäden beim Sommergetreide regional heuer enorm.“
Einziger Trost der Getreidebauern derzeit: Die Preise sind ungewöhnlich hoch, weil die Donaufrachter wegen des niedrigen Wasserstandes nur halb beladen fahren können.
Insgesamt kann man sich auch nicht mehr im selben Maß wie früher auf den EU-Markt verlassen. Denn der leidet unter denselben Problemen wie Österreich.
Fast die Hälfte der Fläche von Österreich (47,6 Prozent) nimmt der Wald ein. Besonders im flachen Teil Ostösterreichs hat die Klimaerwärmung dramatische Auswirkungen auf den Baumbestand. Neben der Borkenkäferinvasion setzen Klimaerwärmung und Niederschlagsmangel dem wenig widerstandsfähigen Fichten- und Buchenwäldern enorm zu. Waldbesitzer fordern schon lange gezielte Naturverjüngung mit bisher verpönten Übersee-Baumarten wie der amerikanischen Douglasie oder der kanadischen Küsten-Tanne (Grandis).
Gastbaumarten
Bei einem Lokalaugenschein in einem Mischwald im südlichen Niederösterreich überzeugten sich Experten für Waldbau, Ökologie und Landwirtschaft von der Situation. Der frühere nö. Agrar-Landesrat Franz Blochberger hat vor 35 Jahren in den Wäldern begonnen, neben den heimischen Fichten und Buchen auch Douglasien zu setzen. Das Ergebnis verblüffte: Der Generalsekretär im Ministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, Josef Plank, und der frühere Umwelt-Minister und Präsident der burgenländischen Landwirtschaftskammer, Niki Berlakovich, bekamen Douglasien zu Gesicht, die nach 30 Jahren doppelt so hoch und stark sind wie das heimische Gehölz.
„Die Douglasie ist den Fichten deutlich überlegen. Sie ist weniger anfällig auf Borkenkäfer und Sturmwurf und kommt mit Hitze und Trockenheit besser zurecht“, sagt Werner Ruhm vom Bundesforschungszentrum für Wald. Als sogenannte Gastbaumart wird ihr Anbau allerdings nicht gefördert, wohl aber die empfindliche Fichte.
Die Industrie zahlt wegen geringerer Nachfrage noch unterdurchschnittliche Preise. Blochberger fordert ein sofortiges Umdenken der Entscheidungsträger. „Es ist nicht fünf Minuten vor, sondern 40 Jahre nach Zwölf“, so der Waldbesitzer.