OGH-Urteil: Ticketplattform viagogo muss Namen der Verkäufer verraten
Von Katharina Zach
Für die Schweizer Online-Ticketplattform viagogo.at wird es eng. Zwar gibt es derzeit kaum Veranstaltungen, für die Tickets gekauft werden können, doch ein rechtskräftiges Urteils des Obersten Gerichtshofs (OGH) wird den Ticketverkauf nach Corona wohl auf den Kopf stellen. Denn laut Urteil muss das Unternehmen in Österreich sein Geschäftsmodell adaptieren.
Konkret muss das Unternehmen künftig die Namen der Ticketverkäufer offen legen. Auch die Art des Tickets - also ob es sich beispielsweise um eine personalisierte Karte handelt - muss dem Käufer vor dem Kauf mitgeteilt werden. Eingebracht hatte die Klage der Anwalt Johannes Hintermayr für den Wettbewerbsschutzverband (WSV) und die Wirtschaftskammer Oberösterreich. Erstmals können sich nun Kunden bei den Kartenverkäufern schadlos halten.
Intransparenter Verkauf
Das Geschäftsmodell der Plattform funktioniert bisher so: Regulär gekaufte Tickets werden von Privaten - bisher anonym - weiterveräußert. Die Plattform behält sowohl vom Käufer als auch vom Verkäufer eine Provision ein. Entsprechend hoch sind die Aufschläge für Bearbeitungs- und Liefergebühren auf den angeführten Ticketpreis, die erst am Ende des Buchungsvorgangs ersichtlich sind.
Garantie, dass die Karten gültig sind, hat der Kunde beim Kauf allerdings keine. Kamen die Karten nie an oder waren ungültig, gibt es bei viagogo zudem zahlreiche Klauseln, die es Kunden erschweren, wieder an ihr Geld zu kommen. Wurde man Opfer eines Betrugs, schaute man ebenfalls durch die Finger.
Juristen wie Johannes Hintermayr sprechen bei dem Geschäftsmodell der Plattform von bewusster Irreführung der Kunden, ja sogar von einem "Schwarzmarkt für Tickets".
Ansprüche geltend machen
Deshalb ist das Urteil wegweisend. Denn: "Ich werde nun vor dem Kauf des Tickets darüber aufgeklärt, wer eigentlich mein Vertragspartner ist", erklärt Hintermayr. Das heißt, der Verkäufer muss nun Name und Adresse angeben. Damit kann der Käufer natürlich auch juristische Ansprüche geltend machen.
Achte viagogo nicht auf die Einhaltung der Registrierung, könnte die Plattform auch selbst in die Pflicht genommen werden, meint Hintermayr, der bereits weitere Klagen im Sinne der transparenten und nachvollziehbaren Kaufabwicklung vorbereitet.
Als zweiten Erfolg wertet der Jurist, dass der Verkäufer nun auch angeben muss, ob das angebotene Ticket personalisiert ist. Mit dieser Maßnahme reagierten vor allem internationale Veranstalter auf den Wucher bei ihren Tickets. Für die Käufer waren die Karten dann nämlich wertlos.
Zahlreiche Klagen gegen viagogo
Aprops Wucher: In Österreich ging die Praxis von viagogo sogar so weit, dass Karten für die Salzburger Festspiele um das Zehnfache ihres Preises angeboten wurden. Die Kabarettisten Viktor Gernot und Monika Gruber, deren Tickets statt um 25 um 100 Euro verkauft wurden, zogen - ebenfalls mit Hintermayr - 2017 sogar vor Gericht, um viagogo das Verkaufen ihrer Karten zu untersagen. Sie erhielten in erster Instanz recht, das Verfahren ruht derzeit.
Mit weiteren Begehren scheiterte der Jurist aber. Der OGH stellte fest, dass die Plattform für ihre Geschäfte in Österreich keine Gewerbeberechtigung braucht, auch den Originalpreis und die Höhe der Bearbeitungsgebühr müsse viagogo nicht offenlegen.
Konsumentenschützer werten das Urteil ebenfalls als Erfolg. Beim Verein für Konsumenteninformation ist aber ein weiteres Verfahren beim Oberlandesgericht Wien gegen die Plattform anhängig. Dabei geht es um diverse Klauseln, wegen derer Kunden eine Refundierung ihres Geldes verunmöglicht wird.
"Die Ärzte" gegen die Plattform
In den vergangenen Jahren hat viagogo in zahlreichen Ländern scharfer Wind von Konsumentenschützern, Veranstaltern und Künstlern entegegengeblasen. Zuletzt hatte auch die deutsche Band "Die Ärzte" eine einstweilige Verfügung gegen die Plattform erwirkt. Viagogo hatte irreführende Originalticketpreise genannt.