Chronik/Österreich

SPÖ muss in Klagenfurt um Bürgermeistersessel zittern

So einen Wahltag hat Kärnten noch nie erlebt. Corona als Dauerthema im Wahlkampf, Wahlkartenrekord, ein gestohlener und wieder aufgetauchter Tresor mit Briefwahlstimmen und kein Endergebnis am Wahltag. Doch der Reihe nach. 

Für die 465.256 wahlberechtigten Kärntnerinnen und Kärntner ging es am Sonntag in den 132 Kommunen nur mit  FFP2-Maske und eigenem Kugelschreiber zur Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl. Wenn sie nicht ohnedies bereits im Vorfeld ihre Stimme per Wahlkarte abgegeben haben. Was in Corona-Zeiten so viele taten, wie nie zuvor: 105.621 Stimmen wurden per Wahlkarte abgegeben - gut ein Viertel. Einen Vergleichswert zur Gemeinderatswahl vor sechs Jahren gibt es nicht. Bei der Landtagswahl 2018 wurden im Süden Österreichs allerdings 25.424 Wahlkarten beantragt, bei der Nationratswahl waren es 52.900.

Endergebnis am Montagnachmittag

Aufgrund der Vorliebe zur Wahlkarte wird sich am Sonntag in den größeren Städten (Klagenfurt, Villach, Spittal) die bereits seit Wochen geäußerte Befürchtung bestätigen: Wahlergebnis, bitte warten. Wahlschluss war zwar um 16 Uhr, in einigen Gemeinden, vor allem in Oberkärnten, sogar schon früher, aber da die Wahlkarten erst nach dem Auszählen der persönlich abgegeben Stimmen geöffnet und ausgezählt werden dürfen, heißt es warten bis Montagnachmittag. Somit wird auch dann erst mit letzter Sicherheit feststehen, ob es zu einer Stichwahl kommt (Termin: 14. März).

Team-Kärnten-Kandidat in Klagenfurt vorn

Spannend bleibt das Rennen um den Posten des Ortschefs vor allem in der Landeshauptstadt Klagenfurt und in Spittal an der Drau. Hier zeichnete sich am Sonntagabend eine regelrechte Sensationsentwicklung ab. In Klagenfurt trat Christian Scheider (früher FPÖ, nun Team Kärnten) gegen seine Nachfolgerin Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ) an. Und Scheider hatte laut einem vorläufigen Ergebnis bei der Bürgermeisterwahl die Nase vorne. Es kommt nun zu einer Stichwahl zwischen Scheider (33,3 Prozent) und Mathiaschitz (32,1 Prozent). 

Bei der Gemeinderatswahl erzielte die SPÖ 30 Prozent, das Team Kärnten kam auf 24,6 Prozent, die ÖVP kam auf 14,6 Prozent, die FPÖ erreichte 11,7 Prozent, die Grünen kamen auf 8,7 Prozent, NEOS 5,8 Prozent. Insgesamt waren in Klagenfurt elf Listen angetreten. Das Ergebnis mit Wahlkarten wird erst am Montag vorliegen.

Altbürgermeister Köfer zieht in Spittal in die Stichwahl

Ähnlich nervenaufreibend ist die Ausgangslage in der Drau-Stadt. Hier stand am Sonntagabend fest, dass Team-Kärnten-Landesparteichef Gerhard Köfer, der 16 Jahre lang Bürgermeister der Stadt war, damals aber als SPÖ-Politiker, gegen seinen Nachfolger Gerhard Pirih (SPÖ) in die Stichwahl um den Bürgermeister zieht. Das Team Kärnten soll laut ersten Informationen in Spittal an der Drau bei den Gemeinderatswahlen sogar die SPÖ überholt haben.

Gewinner und Verlierer

Die kleinste Landtagspartei in Kärnten, das „Team Kärnten“, könnte mit Siegen in Klagenfurt und Spittal an der Drau also als Sieger aus den Wahlen hervorgehen. Angetreten wurde in sieben von 132 Gemeinden, überall mit einer Gemeinderatsliste und einem Bürgermeisterkandidaten. Als großer Verlierer zeichnete sich am Sonntagabend bei den Hochrechnungen die FPÖ ab.

Kopf-an-Kopf-Rennen

Welche wichtige Rolle die Wahlkarten spielen dürften, zeigt ein Blick auf das erste vorläufige Ergebnis der Bezirkshauptstadt Hermagor (ohne Wahlkarten). Hier gibt es ein Kopf-an-Kopf-Rennen von ÖVP (37,53 Prozent) und SPÖ (37,70 Prozent).Bei der Bürgermeisterwahl liegt Leopold Astner (ÖVP, 42,37 Prozent) knapp vor dem amtierenden Bürgermeister Siegfried Ronacher (SPÖ, 38,77 Prozent). Für die Roten könnte es hier zur ersten Zitterpartie um den Chefsessel kommen.

Ganz anders die Situation in der Bezirkshauptstadt St. Veit an der Glan. Der amtierende Bürgermeister Martin Kulmer (SPÖ) erreichte vorläufig 67,71 Prozent der Stimmen und konnte gegenüber seinem Amtsvorgänger Gerhard Mock deutlich zulegen, dieser hat 2015 um 14,79 Prozent weniger Stimmen erreicht.

Bestätigt wurde auch SPÖ-Spitzenkandidat Markus Lakounigg in der Bezirkshauptstadt Völkermarkt. Er schaffte 53,5 Prozent. Die SPÖ ist auch stimmenstärkste Partei mit 52,5 Prozent, gefolgt von der ÖVP (22,8 Prozent), der FPÖ (22,1 Prozent) und den NEOS (2,6 Prozent).

Freuen kann sich die SPÖ auch in Villach. Bürgermeister Günther Albel holte einen souveränen Sieg mit 58,8 Prozent. Die SPÖ holte sich die Absolute mit 50, 02 Prozent zurück. Und der Jubel geht in der Bezirkshauptstadt Wolfsberg weiter: Dort sicherte sich Hannes Primus mit 65,06 Prozent deutlich die Wahl. Die SPÖ ist mit  58,53 Prozent auch stimmenstärkste Partei bei der Gemeinderatswahl.

Wie geht die Wahl aus?

Politologen sehen Kommunalwahlen gerade in schwierigen Zeiten als Bestätigungswahlen für Amtsinhaber. Bei der Wahlbeteiligung zeigte sich ein erfreuliches Bild: Besonders die Landgemeinden erreichten hohe Werte (Lesachtal: 93 Prozent; Feistritz an der Gail 94 Prozent; Weißensee 88 Prozent (Bürgermeister-Stichwahl); Gitschtal 86 Prozent; Ossiach 81 Prozent). Ausreißer auf der anderen Seite: Villach. Hier werden zwischen 50 und 60 Prozent Wahlbeteiligung erwartet.

Als wahrscheinlich gilt dennoch, dass die SPÖ wohl die bestimmende Kraft in den Kommunen und im Land bleibt. Sieben der acht Bezirkshauptstädte in Kärnten hatten vor der Wahl rote Bürgermeister.

Bezirkshauptstadt Feldkirchen weiter in der Hand der ÖVP

Die Ausnahme bildet Feldkirchen. Hier ging Martin Treffner für die ÖVP als Favorit ins Ortschef-Rennen. Kurzerhand wurde dafür sogar "Skandal im Sperrbezirk" von der Spider Murphy Gang zur Wahlhymne "Alarm im Wahllokal" umgetextet. Und der Sound brachte offenbar Glück: Die ÖVP sicherte sich (ohne Wahlkarten) 46,5 Prozent. In der Bürgermeisterwahl konnte Treffner 55 Prozent der Stimmen erreichen. 

SPÖ bestimmende Kraft 

Bei den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen im Jahr 2015 kamen die Sozialdemokraten auf 40,23 Prozent, sie stellten 60 der 132 Bürgermeister. Die ÖVP kam auf 22,5 Prozent und 42 Bürgermeister, die FPÖ auf 17,96 Prozent und 22 Bürgermeister. Die Einheitsliste stellt zwei Bürgermeister. Grüne 5,59 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag 2015 bei 71 Prozent.

Und während in den großen Kärntner Städten beim Rennen um den Ortschef bis Montag gezittert wird, können sich zehn Gemeinden bereits vor der Wahl entspannen. Hier steht der Ortschef schon fest, da es nur einen einzigen Kandidaten gibt.

Erste Bürgermeisterin Wernbergs

Weitere spannende Details: Bei 406 Bürgermeisterkandidaten traten lediglich 43 Frauen an. Eine davon reüssierte in Wernberg. Im ersten Wahlgang konnte sich Doris Liposchek (SPÖ) durchsetzen. Sie folgt damit auf Langzeitbürgermeister Franz Zwölbar (SPÖ) nach und ist die erste Bürgermeisterin in Wernberg.

Der älteste Bürgermeisterkandidat ist 79 Jahre alt, der jüngste 22Jahre. Und sollte sich der 22-jährige Maximilan Peter in St. Andrä tatsächlich durchsetzen, hätte dies Folgen für ganz Österreich: Er wäre dann der jüngste Ortschef des Landes.