Corona-Krise: Österreicher trinken weniger und rauchen mehr
Von Konstantin Auer
Zwar haben die Gastgärten geschlossen und die Freunde sollte man nicht treffen, dennoch warnen die Suchtexperten vor steigendem Alkoholkonsum in der Krise. Auch im Internet kursieren viele humoristische Bilder, wie sich das Homeoffice mit der Flasche Wein am Schreibtisch leichter ertragen lässt.
Ganz so scheint es aber in der Realität nicht zu sein, wie jetzt eine Umfrage der Universität Wien zeigt: Im Durchschnitt hat sich der Alkoholkonsum der 946 befragten Österreicher nicht verändert. 20 Prozent geben an, sogar viel weniger zu trinken, 15 Prozent trinken jetzt mehr.
Einsamkeit ist gefährlich
Allerdings scheint sich schon zu bewahrheiten, wovor etwa die Wiener Suchthilfe gewarnt hat: Personen, die sich nun besonders einsam fühlen, greifen öfter als der Durchschnitt zur Flasche. Unter ihnen fällt der Anteil der nun mehr Trinkenden um 10 Prozent höher aus als im Durchschnitt. Unter Arbeitslosen berichtet rund ein Viertel von einem Anstieg und auch Menschen, die sich in Kurzarbeit befinden, gaben zu 5 Prozent an, seit Ausbruch der Krise öfter zu trinken.
„Über Alkoholismus können wir aber wenig aussagen“, erklärt David Schiestl, der wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Wien, der die Umfrage ausgewertet hat. Denn es handle sich nur um eine Selbsteinschätzung der Befragten. Außerdem wurde der Vergleich zu vor der Krise abgefragt.
„Wir wissen also nicht, von welchem Niveau wir ausgehen und wie viel die Menschen wirklich trinken“, sagt Schiestl. Menschen, die sich im Homeoffice befinden, liegen beim Alkoholkonsum aber im Durchschnitt.
Krise verstärkt Sucht
„Da Sucht eine psychische Erkrankung ist, kann diese in Krisen verstärkt hervortreten“, warnte Ewald Lochner, der Wiener Drogen- und Suchtkoordinator. Angst vor Neuem, die physischen Beschränkungen, das Leben auf engem Raum, wirtschaftliche Unsicherheit sowie das Wegfallen von Routinen und Strukturen können diese Erkrankungen bestärken.
„Interessant finde ich auch, dass vor allem Junge zu Extremen neigen“, sagt Schiestl. So ist der Anteil jener, deren Trinkverhalten auf ähnlichem Niveau wie vor der Krise blieb, bei den unter 30-Jährigen am geringsten. Zwei Fünftel der 20- bis 30-Jährigen trinkt weniger als zuvor, über ein Viertel gab aber einen höheren Konsum an.
„Trotz der Medienberichte über Corona-Partys, fallen Schüler und Studierende positiv auf“, sagt Schiestl. Seit Beginn der Ausgangsbeschränkungen trinkt diese Gruppe laut der Umfrage weniger Alkohol, obwohl eigentlich erst mit zunehmendem Alter der Alkoholkonsum zu sinken scheint. „Eine wirkliche Erklärung haben wir dafür noch nicht gefunden“, sagt Schiestl.
Befragt wurden die Teilnehmer, die repräsentativ für die österreichische Bevölkerung ausgewählt waren, übrigens Anfang April. Zwei Wochen später wurden sie noch mal befragt, die Ergebnisse der zweiten Umfrage liegen noch nicht im Detail vor, sie scheinen die Trends der ersten aber zu bestärken.
Es wird mehr geraucht
„Vor allem in der zweiten Umfrage sieht man, dass die Raucher jetzt noch mehr rauchen“, meint Schiestl. Doch auch schon die ersten Ergebnisse von Anfang April zeigen, dass sich der Tabakkonsum in Österreich insgesamt erhöht hat. „Rauchen wird zur Stressbewältigung verwendet oder als Ersatz für Sozialkontakte“, erklärt Schiestl die Ergebnisse.
Tabak mache stark süchtig, wenn Raucher mehr Zeit zur Verfügung haben, dann würden sie eben mehr rauchen. Eine Ausnahme stellen dabei Menschen dar, die in größeren Haushalten wohnen, also mit mehr als fünf Personen zusammenleben. „Das könnte auf die fehlende Rauch-Gelegenheit hinweisen, oder auf Rücksichtnahme auf andere Personen“, sagt Schiestl. Menschen in kleineren Haushalten neigen hingegen dazu, gleich viel oder mehr zu rauchen.
Genau wie beim Alkohol- steigt auch der Tabakkonsum bei Einsamen, Arbeitslosen oder Menschen in Kurzarbeit. Hier wirkt sich auch das Homeoffice aus: Viele Raucher können sich den Weg aus dem Büro nun sparen. Einen starken Anstieg vermelden wieder vor allem die Jüngeren der 457 befragten Raucher.
Auch die über 50-Jährigen greifen nun öfter zum Glimmstängel. Schüler und Studierende hingegen würden weniger rauchen. „Das könnte am Wegfallen des Gruppendrucks liegen“, sagt Schiestl. Zudem würden ja Partys ausfallen und bei vielen die Eltern im selben Haushalt leben.