Warum sich der Bundeskanzler für Gemeinderatswahlen interessiert
Von Martin Gebhart
Die Zeiten sind vorbei, in denen die Gemeinderatswahlen nur den jeweiligen Ortsparteien überlassen worden sind. Selbst im Bund weiß man mittlerweile, wie wichtig gute Ergebnisse auf kommunaler Ebene sind. Dementsprechend war diesmal auch der Aufmarsch von Bundespolitikern.
Bei der ÖVP war sogar Bundeskanzler Sebastian Kurz mehrmals im Einsatz. In den Städten Wiener Neustadt und Amstetten sowie im Weinviertel. Die FPÖ holte sich gezielt Ex-Innenminister Klubobmann Herbert Kickl nach Wiener Neustadt – nicht Bundesparteiobmann Norbert Hofer.
Bei den Grünen war Infrastrukturministerin Leonore Gewessler der Wahlkampfstar, bei den Neos Bundesparteiobfrau Beate Meinl-Reisinger.
Nur die SPÖ agierte zurückhaltender. Kein Wahlkampfauftakt mit Parteichefin Pamela Rendi-Wagner, kein Wahleinsatz aus dem Büro in der Wiener Löwelstraße. Dafür einige Auftritte des steirischen Nationalratsabgeordneten Max Lercher.
Nur ÖVP tritt überall an
Diese Liebe zur kommunalen Basis kommt nicht von ungefähr. Speziell die ÖVP Niederösterreich hat in den vergangenen Jahrzehnten gezielt starke Strukturen in den Gemeinden aufgebaut. Als Grundstock für Landes- und Bundeswahlen. Kanzler Sebastian Kurz sieht das genauso. Er wird am Wahlabend sogar bei der einen oder anderen türkisen Siegesfeier erwartet.
Am Sonntag werden in Niederösterreich in 567 Gemeinden die Ortsparlamentarier neu gewählt. Nicht gewählt wird in Stockerau, Wolkersdorf und Pillichsdorf, weil hier bereits im Vorjahr vorgezogene Wahlen stattgefunden haben. Nicht gewählt wird auch in St. Pölten, Krems und Waidhofen an der Ybbs, weil diese Kommunen als Statutarstädte gesonderte Wahltermine haben.
Insgesamt sind 1.459.044 Bürgerinnen und Bürger wahlberechtigt. Bereits um 6 Uhr kann man in der Gemeinde Euratsfeld seine Stimme abgeben, in Orten wie Moorbad Harbach, Maissau oder Staatz werden die Wahllokale erst um 9 Uhr geöffnet.
Besonders flink muss man in der kleinen Gemeinde Großhofen im Bezirk Gänserndorf (98 Einwohner) sein. Da ist schon um 10 Uhr Wahlschluss. Die meisten Wahllokale schließen allerdings zwischen 14 und 16 Uhr. Nur in Rohrendorf bei Krems, Pressbaum und Wolfsgraben ist erst um 17 Uhr Schluss.
Die Ausgangslage spricht auch klar für die Türkisen. Von den insgesamt 573 Gemeinden – gewählt wird in 567 – in NÖ werden bereits 434 von der ÖVP regiert. Von 18 Bezirkshauptstädten, in denen diesmal gewählt wird, sind mittlerweile 16 in türkiser Hand. Und die ÖVP ist auch die einzige Partei, die in allen Gemeinden antritt. In 8 davon als einzige Partei.
Die SPÖ hingegen brachte in 22 Gemeinden keine Kandidatenlisten mehr zusammen. Landesparteichef Franz Schnabl weiß, wie bitter das ist. Deswegen hat er auch jetzt schon ausgegeben, dass diese weißen Flecken bis zur Gemeinderatswahl 2025 wieder ausgemerzt sein müssen.
Keine blauen und grünen Bürgermeister
Eine niederösterreichische Besonderheit ist, dass es neben der ÖVP und der SPÖ nur noch Bürgerlisten-Bürgermeister gibt. Weder die FPÖ noch die Grünen haben es bis jetzt geschafft, ein Stadt- oder ein Gemeindeoberhaupt zu stellen.
Während die FPÖ diesmal da keinen Durchbruch erwartet, hoffen die Grünen auf ihre erste Bürgermeisterin: Nationalratsabgeordnete und Vizebürgermeisterin Elisabeth Götze soll es in Eichgraben richten.
Besondere Spannung dürfte es in folgenden Gemeinden geben: In Amstetten und Gerasdorf hofft die ÖVP darauf, die SPÖ-Regentschaft zu beenden.
In Gmünd, Gänserndorf und Wiener Neustadt will die ÖVP die Mehrheit schaffen, nachdem sie 2015 erst nach Koalitionsverhandlungen die Bürgermeister stellen konnte. In Wiener Neustadt wäre damit erstmals seit 1945 die ÖVP an erster Stelle.