Trotz Anklage: Hofer gibt Waldhäusl "volle Rückendeckung"
Von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wird gegen Gottfried Waldhäusl, FPÖ-Landesrat in Niederösterreich, Anlage erhoben. Wie der KURIER berichtete war der FPÖ-Landesrat bereits länger im Visier der Justiz. Gegenüber dem KURIER bestätigte man aus dem Büro Waldhäusl, dass die Anklageschrift seinem Verteidiger Manfred Ainedter zugestellt worden ist.
Anlass ist die ehemalige Betreuungseinrichtung für jugendliche Flüchtlinge in der Grenzgemeinde Drasenhofen im Bezirk Mistelbach. Der Vorwurf: Waldhäusl habe seine "Befugnis, im Namen des Landes Amtgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht".
Er habe Maßnahmen angeordnet, die den gesetzlichen Intentionen des NÖ Grundversorgungsgesetzes widersprechen, wie es in der Stellungnahme der WKStA heißt, die dem KURIER vorliegt. Als Beispiel wird der Stacheldrahtzaun genannt, der "ungeeignet war, weil dadurch die betroffenen unbegleiteten minderjährigen Fremden einer "ihre Persönlichkeitsentwicklung destabilisierenden Maßnahme unterworfen wurden".
Stellungnahme
Ich bin allerdings davon überzeugt, im Zuge der Verhandlung beweisen zu können, dass alles rechtens abgelaufen ist und gehe daher von einem Freispruch aus“, sagt Waldhäusl in einer ersten Stellungnahme. „Ich bin nicht der erste Politiker, der sich vor Gericht verantworten muss und werde nicht der letzte sein. Zudem vertraue ich auf das Urteilsvermögen der unabhängigen, heimischen Justiz und bin sicher, dass sich die Anklage in Luft auflösen wird", sagt Waldhäusl.
FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer gibt Waldhäusl "volle Rückendeckung". Das Verfahren hindere ihn keinesfalls, "seine Geschäfte ordnungsgemäß fortzuführen". Politisch und aus der Perspektive der Menschen im Land betrachtet, sei die damalige Vorgangsweise "nach bestem Wissen und Gewissen getroffen worden". "Ein Landesrat für das Asylwesen muss eine Unterbringung von Asylwerbern sicherstellen, darf aber gleichzeitig nicht auf das Allgemeinwohl vergessen", meint Hofer in einer Aussendung.
Landesparteichef Udo Landbauer lehnte einen Vergleich mit Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ab, den die FPÖ schon nach Einleitung des Ermittlungsverfahrens zum Rücktritt aufgefordert hatte: "Sebastian Kurz hat aus Eigeninteresse gelogen und Landesrat Waldhäusl hat gehandelt, um die eigene Bevölkerung vor straffälligen Asylanten zu schützen."
In der blauen Partei sehen das aber offenbar nicht alle so: Am Freitagabend kam die erste Rücktrittsaufforderung aus den eigenen Reihen: Der Tiroler FPÖ-Chef Der Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger forderte am Freitagabend unmissverständlich den Rücktritt seines niederösterreichischen Parteifreundes. "Anklage bedeutet für mich Rücktritt ohne Ausrede und Rechtfertigung", sagte Abwerzger der Tiroler Tageszeitung.
Mikl-Leitner: "Gerichte allein entscheiden"
Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) teilte in einer Reaktion auf die Anklageerhebung gegen Waldhäusl auf APA-Anfrage mit: „Gerichte allein entscheiden, wer schuldig ist und wer nicht - bis dahin gilt jede Bürgerin und jeder Bürger als unschuldig. Das muss für alle Menschen in unserem Land gleichermaßen gelten. Auch wenn das manchen nicht gefallen mag - und auch für Politiker, deren Meinungen man nicht immer teilt.“
VPNÖ-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner erklärte: „Wer das Landesratsmandat besetzt, das die FPÖ durch ihr Wahlergebnis erhalten hat, kann nach unserer Landesverfassung nur die FPÖ selbst entscheiden.“ Die politischen Konsequenzen seien bereits 2018 gezogen worden, „als das Quartier umgehend aufgelöst wurde“.
Neos sehen "rote Linie"
Für NEOS-Landessprecherin Indra Collini wurde mit der Anklageerhebung endgültig eine rote Linie überschritten. Waldhäusl könne nun „nicht schulterzuckend zur Tagesordnung übergehen“ und weiter als Asyl-Landesrat fungieren. Mikl-Leitner müsse handeln. „Sie hat im Asyl- und Integrationsbereich den Bock zum Gärtner gemacht und muss nun von ihrem Recht Gebrauch machen und ihm die Agenden entziehen.“
Auch die Grüne Landessprecherin Helga Krismer verlangte von der Landeshauptfrau, Waldhäusl wesentliche Agenden wie Flüchtlings- und Fremdenangelegenheiten, Grundversorgung und Koordination der Integrationsangelegenheiten zu entziehen. Zudem forderte die Grüne Waldhäusl zum Rücktritt auf.
„Bei Anklage ist Rücktritt die einzige Option“, betonte SPÖ NÖ-Landesgeschäftsführer Wolfgang Kocevar in einer Aussendung. „Was für (ÖVP-Bundeskanzler, Anm.) Kurz und (ÖVP-Finanzminister, Anm.) Blümel gilt, muss auch für den FPÖ-Landesrat gelten“, forderte Kocevar ebenso wie SPÖ-Landesparteichef LHStv. Franz Schnabl auf Twitter, dass Waldhäusl gehen müsse.
Ins Rollen gekommen waren die Ermittlungen 2019 nach einer Weisung der Oberstaatsanwaltschaft Wien an die WKStA. Die Vorwürfe beziehen sich auf November 2018. Damals hatte Waldhäusl jugendliche Flüchtlinge hinter Stacheldraht in einem von Securitys bewachten Quartier in Drasenhofen unterbringen lassen, weil er ihnen vorwarf, „notorische Unruhestifter“ zu sein.
Nach heftiger Kritik wurde die Einrichtung im nördlichen Weinviertel an der Grenze zu Tschechien wenige Tage nach Verlegung der ersten Asylwerber wieder geschlossen. Erst vor kurzem hatte das Landesverwaltungsgericht (LVwG) Niederösterreich im Fall eines Flüchtlings entschieden, dass die Unterbringung in Drasenhofen rechtswidrig war.
Waldhäusl hatte im Jahr 2018 diese Einrichtung geschaffen, um dort Flüchtlinge, die straffällig geworden waren oder in anderen Herbergen negativ aufgefallen waren, unterzubringen. Dass dort ein Stacheldrahtzaun angebracht und für die Bewachung auch ein Hund eingesetzt worden ist, sorgte österreichweit für heftige Kritik. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sprach daraufhin ein Machtwort, welches das Aus für die Drasenhofen-Herberge bedeutete.