Supermarkt-Räuber ohne Beute schrieb Entschuldigungsbrief an Kassierin
Von Stefan Jedlicka
"Wenn Sie das so sagen, wird´s sicher stimmen", meint der Angeklagte zu den Vorwürfen des Staatsanwaltes. Erinnern könne er sich an den Raubüberfall auf die Spar-Filiale in Ternitz (Bezirk Neunkirchen) am 22. Juli dieses Jahres aber kaum noch.
Eine halbe Flasche Whisky und zwei Gramm Kokain, die er an diesem Tag konsumiert habe, würden dies weitgehend verhindern, sagt der 40-Jährige.
Kassierin gab kein Geld heraus
Besonders "erfolgreich" verlief der Coup aus seiner Sicht dann auch wahrlich nicht. Nachdem er zunächst noch eine Tafel Schokolade und einen Müsliriegel auf das Förderband an der Kasse gelegt und sich weitgehend unauffällig verhalten hatte, zückte der mit Kappe und Mund-Nasen-Schutz maskierte Mann plötzlich ein Messer und forderte Geld von der geschockten Kassierin.
„Kassa auf“ und „Bitte ich brauche Geld“ habe er zu ihr gesagt, erinnert sich die junge Frau als Zeugin am Landesgericht Wiener Neustadt. Doch sie weigerte sich, der Forderung nachzukommen: "Ich hab gesagt: Es tut mir leid, ich kriege die Lade nicht auf." Ob das tatsächlich gestimmt habe, will die Richterin wissen. "Nein, ich wollte nur nicht aufmachen", lautet die Antwort.
Nicht einmal Schokolade erbeutet
Noch einmal sei sie vom Räuber aufgefordert worden, ihm Geld auszuhändigen, doch die Kassierin blieb standhaft. "Ich hab dann gesagt: Bitte verlassen Sie jetzt das Geschäft." Da habe der Mann versucht, wenigstens noch Schokolade und Müsliriegel einzustecken, doch auch das verhinderte die Frau, nahm ihm die Schokolade wieder ab. Also suchte der 40-Jährige ohne Beute das Weite. Wenige Tage später konnte er von der Polizei ausgeforscht werden.
"Ich hab eigentlich geglaubt, dass ich wieder gegangen bin, weil es mir leid getan hat", behauptet der Angeklagte. Daran, die Kassierin mit dem Küchenmesser, das er von zuhause mitgebracht hatte, bedroht zu haben, erinnere er sich nicht. "Ich war so benebelt." Das Messer habe er zuvor sogar "extra über eine Glasplatte gezogen, damit es entschärft wird", behauptet er. "Ich wollte ja niemanden verletzen."
Entzug nur kurz erfolgreich
Seine Drogen- und Alkoholsucht habe er mittlerweile halbwegs unter Kontrolle, sagt der sechsfach Vorbestrafte. Vor Jahren sei ein Entzug bereits erfolgreich gewesen, doch dann sei eines Tages ein alter Freund vor seiner Türe gestanden: "Er hat nicht mehr zuhause konsumieren können, weil er ein kleines Putzi bekommen hat. Ich hab sicher vier oder fünfmal Nein gesagt, aber dann war ich doch so dumm und hab ihn hereingelassen."
Bis zu fünf Gramm Kokain pro Tag habe er in den folgenden Monaten konsumiert. Wie er sich das Suchtgift leisten konnte? "Er hat mich oft eingeladen, dafür dass er bei mir konsumieren durfte." Am Tag des Raubes sei nach mehr als einem Jahr auch wieder Alkohol dazu gekommen. "Ich wollte mich einfach zumachen", begründet der 40-Jährige. Wieso? "Wegen meinen Geldsorgen."
Keine persönliche Entschuldigung
Um sein Bedauern für den erlittenen Schock auszudrücken, hat er einen Entschuldigungsbrief an die überfallene Kassierin geschrieben, den sein Anwalt der Frau im Gerichtssaal überreicht. Die Bitte, sich auch persönlich bei ihr entschuldigen zu dürfen, lehnt das Opfer dann aber dann ab. Sie bittet auch, dass der Angeklagte während ihrer Aussage aus dem Saal gebracht wird.
Als Auslöser für seine Sucht nennt der 40-Jährige psychische Probleme. Er habe "Stimmen von Jugendlichen am Dachboden gehört", die ihn "ausgelacht und beschimpft" hätten. Zur Einholung eines Gutachtens über die psychische Verfassung des Mannes wird der Prozess vertagt.