Chronik/Niederösterreich

Rauchmelder für jedes Neugeborene: Eine Stadt gegen den Brandtod

Sie sind klein, ab etwa 20 Euro zu haben und können Leben retten. Dennoch ist es um die Verbreitung von Rauchwarnmeldern in den Haushalten schlecht bestellt.

Eine brennende Kerze, die vergessen wird, ein defektes Ladekabel oder Handy: Schnell kann es zu unerwarteten Zimmerbränden kommen. Sind sie erst einmal entstanden, werden sie von den Bewohnern oft sehr spät oder zu spät bemerkt. Denn laut einer aktuellen Studie des Fachbereichs Eigentumsschutz des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) ist nur die Hälfte aller Kinderzimmer in Österreich mit einem Warnmelder ausgestattet. 48 Prozent der Studienbefragten haben angegeben, dass sie gar keine derartige Technik zu Hause installiert haben.

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Dabei kommen im Schnitt pro Jahr in Österreich 50 Menschen bei Bränden ums Leben, belegt die Brandschadenstatistik der vergangenen Jahre. „Ereignen sich Brände in der Nacht, wo Personen schlafen und die Sinnesorgane ausgeschalten sind, dauert es nur wenige Minuten und wenige Atemzüge und man erstickt an den giftigen Rauchgasen“, erklärt Thomas Rauch.

Der Einbau von Rauchmeldern ist in allen Bundesländern Österreichs Pflicht. Die vom Österreichischen Institut für Bautechnik beschlossene und von allen Bundesländern in deren Bautechnikgesetzen verbindlich erklärte Richtlinie (OIB-2) „Brandschutz“ sieht in Wohnungen in allen Aufenthaltsräumen (ausgenommen in Küchen) sowie in Gängen, über welche Fluchtwege von Aufenthaltsräumen führen, jeweils mindestens einen Rauchwarnmelder vor. Eine Nachrüstpflicht für Bestandsobjekte besteht ausschließlich im Bundesland in Kärnten.

Bei einer Investition von rund 20 Euro pro Rauchwarnmelder ist das Nachrüsten im Vergleich zum möglichen Schaden überschau- und leistbar, insbesondere, wenn es um Menschenleben geht, erklärt  Österreichs Feuerwehrpräsident Robert Mayer. Was Rauchmelder anbelangt, könne man mit einfachen und kostengünstigen Investitionen einen „enormen Effekt erzielen und das eigene Zuhause noch sicherer machen“.

Sobald genügend Rauchpartikel in das Innere eines Melders gelangen, wird ein schriller Signalton ausgelöst. Mit rund 85 Dezibel ist er laut genug, um jeden Schlafenden zu wecken und vor der drohenden Gefahr zu warnen. Zigarettenrauch und brennende Kerzen lösen bei üblichem Gebrauch keinen Alarm aus. Rauchwarnmelder benötigen keine Verkabelung und Stromversorgung und funktionieren in der Regel mit Batterien oder Akkus.

Mehr Informationen dazu  finden sich unter www.rauchmeldertest.net 

Der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Gloggnitz (Bezirk Neunkirchen) am Fuße des Semmering hat daher zusammen mit der Raiffeisenbank Wiener Alpen eine beispielhafte Aktion ins Leben gerufen.

Ein Drittel weniger Todesfälle

Um ganz bewusst aktiv für die Installation von Rauchmeldern zu werben, hat man sich etwas Besonderes einfallen lassen. „In unserer Stadt bekommen heuer Familien für jedes neugeborene Kind Rauchmelder für ihr Zuhause“, erklärten Rauch und Raiffeisen-Geschäftsleiter Walter Hummer im Zuge einer Pressekonferenz am Freitag.

Wie Untersuchungen zeigen, könnten durch die Installation von Qualitäts-Rauchmeldern ein Drittel der Todesfälle vermieden werden, schildert Rauch.

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Alte Idee lebt wieder auf

Schon 2006 hat Gloggnitz mit derselben Aktion aufhorchen lassen. Damals erhielt auch Landeshauptmann Erwin Pröll als Unterstützer und Förderer der Kampagne Rauchmelder für seine eigenen Enkelkinder. Für das Projekt fanden sich sogar international Nachahmer. Von den Gloggnitzern inspiriert, übernahm die 110.000 Einwohner große Stadt Remscheid im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen die Idee mit den Gratis-Meldeanlagen für jedes Baby.

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Bewusstsein fehlt

Wie Thomas Rauch erklärt, ist es um das Bewusstsein zur Installation solcher Melder seit damals nicht viel besser bestellt. Deshalb lässt man die Initiative 2024 wieder aufleben. Etwa 90 Prozent aller tödlichen Brände ereignen sich in Österreich nämlich in privaten Haushalten. „Die wenigsten Opfer verbrennen oder sterben durch die Flammen selbst“, erklärt Rauch. Die Mehrheit, etwa 80 Prozent der Todesopfer, erstickt an den tödlichen Rauchgasen.

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Installation verpflichtend

In Österreich ist die Installation von Rauchwarnmeldern in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Wien, Burgenland, Vorarlberg und Tirol haben 2008 eine verpflichtende Montage bei Neubauten beschlossen. Die anderen Länder folgten später. Kontrolliert wird die Installation von den zuständigen Baubehörden allerdings nur in öffentlichen Gebäuden oder Einrichtungen, nicht in privaten Haushalten.

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Großes Problem sind laut den Brandverhütungsstellen und Feuerwehren in den Bundesländern die Bestandsobjekte und Altbauten. Denn eine Nachrüstpflicht für bestehende Häuser und Wohnungen gibt es aktuell nur in Kärnten. „Allerdings sind sich viele Österreicher noch nicht einmal der Ausstattungspflicht für Neuobjekte bewusst“, heißt es bei der Brandverhütungsstelle Oberösterreich.