Ostumfahrung Wr. Neustadt: Gegner wollen Volksbefragung erwirken
Von Patrick Wammerl
Sie wissen schon, dass sie mit ihrer Aktion nicht an der richtigen Adresse sind. Dennoch wollen die jungen Aktivistinnen nichts unversucht lassen, gegen den Bau der Ostumfahrung in Wiener Neustadt kräftig Wind zu machen. Zwei junge Wiener Neustädterinnen haben einen Initiativantrag gestartet, mit dem sie eine Volksbefragung zur geplanten Ostumfahrung erwirken wollen.
Kompetenzfrage
Zuständig ist für das 60 Millionen Euro teure Straßenbauprojekt allerdings das Land Niederösterreich und nicht die Stadt.
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Dessen sind sich auch die beiden Initiatorinnen der Aktion bewusst. Sie wollen aber quasi über die Hintertüre für Aufmerksamkeit in der Causa sorgen. Wie die Studentinnen erklären, wollen sie dazu das Instrument der "direkten Demokratie" nutzen. Soll heißen: Mit der Unterschrift von 500 Wahlberechtigten wollen sie den Initiativantrag in den Wiener Neustädter Gemeinderat bringen und damit die Volksbefragung erwirken.
Mit 500 Unterschriften müsste der Antrag nach dem Stadtrechtsorganisationsgesetz auch im Stadtparlament behandelt werden. Mehr als ein symbolischer Akt wäre das allerdings nicht. Das Projekt liegt in der Zuständigkeit des Landes NÖ. Das ist den beiden Studentinnen auch klar. "Aber Wiener Neustadts Bevölkerung ist massiv betroffen und die Stadtpolitiker politisch involviert, nicht zuletzt auch mit Millionenbeträgen aus der Stadtkassa", erklären Sophie Gatschnegg (22) und Lina Koppensteiner (19).
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Wertvolle Böden
Sie kritisieren, dass für die Straße wertvolle Ackerflächen zubetoniert werden. “Es geht nicht mehr, dass ein Projekt mit dermaßen weitreichenden Folgen für uns und die nächsten Generationen von oben herab durchgeboxt wird. Die Menschen müssen eingebunden werden. Noch ist es nicht zu spät. Wir starten daher eine Initiative für eine Volksbefragung über die Ostumfahrung”, erklären die beiden jungen Frauen.
Neun Grundeigentümer geben Flächen nicht her
Laut dem Land Niederösterreich sind bereits alle behördlichen Verfahren für den Bau der Umfahrung positiv abgeschlossen. Im Frühjahr 2022 hatte der Verwaltungsgerichtshof die letzte offene Revision zurückgewiesen. 91 Grundstücke, die meisten davon Acker- und Grünflächen, müssen für den Bau der Straße abgelöst werden. In neun Fällen kommt es zur Zwangsenteignung, weil sich die Besitzer weigern auf den Ablöse-Deal des Landes einzugehen.
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Im vergangenen Februar wurde den Grundeigentümern das erste Angebot unterbreitet, sechs Monate später machte das Land Niederösterreich ernst. Jene neun Grundeigentümer, die sich gegen die Ablöse ihres Grund und Bodens für den Bau der geplanten Ostumfahrung zur Wehr setzen, werden zwangsenteignet. Entsprechende Verfahren sind bereits im Laufen.
Umweltschützer sowie Bauern und Grundeigentümer machen gegen den Straßenbau seit Jahren mobil. „Es ist sehr bedenklich, dass die Umfahrung laut aktueller Gesetzeslage als umweltverträglich bezeichnet wird. Klimaschutz und Bodenversiegelung haben in Österreich noch immer keinen Stellenwert in den UVP-Verfahren“, kritisiert die Plattform „Vernunft statt Ostumfahrung“.
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30 Meter breite Schneise
Die Asphaltpiste soll auf einer Länge von 4,8 Kilometer quer über bebaute Äcker führen. Mit den dazu gehörigen Einbauten und Böschungen ist die Schneise fast 30 Meter breit. Etwa 20 Hektar Acker- und Auland wären vom Straßenbau betroffen, darunter auch Natura-2000-Gebiet.
ÖVP, FPÖ und SPÖ dafür
ÖVP, FPÖ und SPÖ in Wiener Neustadt und im Land Niederösterreich stehen aus verkehrsplanerischer Sicht hinter dem „absolut notwendigen“ Straßenbauprojekt.