Münchendorf: Tumult im Gemeinderat - Sitzung erneut geplatzt
Von Stefan Jedlicka
Die Gräben zwischen der SPÖ um Bürgermeister Sebastian Remmert und den Oppositionsparteien in Münchendorf (Bezirk Mödling) werden immer tiefer. Nachdem eine geplante Gemeinderatssitzung Ende Mai verschoben werden musste, weil sich fast die gesamte SPÖ kurz zuvor entschuldigt hatte, sprengten nun die ÖVP und die Liste Pro Münchendorf die Sitzung am Dienstagabend.
Live-Stream eingestellt
Schon der erste Tagesordnungspunkt, die Einstellung des Live-Streams via Youtube, habe sich "zu einem heftigen verbalen Schlagabtausch entwickelt", heißt es seitens der SPÖ-Gemeindeführung. Grund für den Antrag der SPÖ: Ein Gemeinderat der ÖVP habe in der vorherigen Sitzung "strafrechtlich relevante Aussagen gegen eine Gemeindemitarbeiterin gemacht".
Dies weist ÖVP-Obfrau Doris Kirstorfer klar zurück: "Das ist Rufschädigung. Uns wurde auch nicht genannt, welche strafrechtlich relevante Aussage das gewesen sein soll. Ich werde diesen Fall genau prüfen lassen und wir überlegen uns Konsequenzen." Sie spricht von einem "fadenscheinigen Grund, die Transparenz der Gemeinderatssitzungen einzuschränken" und fordert, die Online-Übertragungen fortzusetzen. Die Gemeindeführung sei "in Erklärungsnotstand geraten" und wolle "Anfragen vermeiden".
Streit um Protokoll
Endgültiger Auslöser für den Auszug der Oppositionsparteien sei dann die Weigerung des Bürgermeisters gewesen, einem Einwand gegen das Protokoll der Sitzung vom 3. April stattzugeben. "Zuvor hatten sie die SPÖ öffentlich scharf kritisiert und ihr Rechts- und Demokratieverstöße vorgeworfen. Jetzt blockieren sie selbst die Arbeit des Gemeinderates", ärgert sich Remmert in einer Aussendung.
Auch hier kontert Kirstorfer: "Gemeinderatsmitglieder wurden darauf hingewiesen, dass vor Wortmeldungen der ausdrückliche Wunsch geäußert werden muss, diese ins Protokoll aufzunehmen. Wir halten uns strikt an diese, von der Gemeindeführung eingeführte Regelung. Trotzdem werden in das Protokoll reklamierte Wortmeldungen von der Mehrheit der SPÖ-Fraktion nicht berücksichtigt." Einwände der Opposition seien deshalb für die Öffentlichkeit nicht mehr sichtbar, kritisiert die ÖVP-Chefin.
"Politisches Theater"
Seitens der SPÖ-Gemeindeführung sieht man allerdings ganz andere Gründe für den Eklat: "Die Opposition scheint sich ein dreiviertel Jahr vor der Gemeinderatswahl bereits im aggressiven Wahlkampf zu befinden. Statt konstruktiv im Gemeinderat mitzuarbeiten, inszenieren sie dramatische Abgänge und blockieren wichtige Entscheidungen. Leidtragende dieses politischen Theaters sind die Bürgerinnen und Bürger Münchendorfs."
Bürgermeister Remmert: "Wer Demokratie fordert, aber aufsteht, wenn ihm die Abstimmungsverhältnisse nicht passen, hat Demokratie nicht verstanden". Man werde nun "alles daran setzen, die vertagten Themen in der nächsten Sitzung schnellstmöglich zu behandeln. Es bleibt zu hoffen, dass die Opposition ÖVP/ProMünchendorf dann ihrer Verantwortung gerecht wird und sich an einer sachlichen und konstruktiven Arbeit im Sinne der Bürger beteiligt."
EDV-Umstellung als Streitthema
VP-Mandatar Stephan Sziveli sprach in einem Facebook-Posting kurz nach der Gemeinderatssitzung von "Vertuschungs- und Verschleierungsaktionen" der SPÖ. Massive Kritik äußert die Opposition an der geplanten Umstellung des EDV-Systems. ÖVP und Pro Münchendorf lehnen sie "wegen unkalkulierbarer Risiken und Gefahren, sowohl in finanzieller als auch in verwaltungstechnischer Hinsicht, strikt ab", wie Kirstorfer betont. "Aus unserer Sicht wurden dabei auch die Vergaberichtlinien erheblich verletzt."
Die SPÖ spricht hingegen von einem "neuen, kostengünstigeren und effizienteren EDV-System der Gemeinde". Durch den Auszug der Opposition sei nicht nur die Beschlussfassung dazu verzögert worden, sondern auch zu "einer dringend notwendigen Gebührenbremse für die Münchendorfer Bevölkerung". Und man kritisiert: "Diese Verzögerungen treffen die Bürger direkt und beeinträchtigen die Effizienz der Gemeindeverwaltung. Auch die Übernahme der Kosten für den Englischunterricht in der Volksschule wurde dadurch verzögert."