Brief an Karner: Wr. Neustadt darf kein zweiter Reumannplatz werden
Von Patrick Wammerl
Mehr als 30.000 Pendler und Schüler verkehren täglich am Bahnhof in Wiener Neustadt. Seit Jahren sind die Drogen- und Jugendkriminalität sowie die Sicherheitslage rund um den Verkehrsknotenpunkt ein politischer Dauerbrenner.
Nachdem die SPÖ bereits seit 2021 vergeblich ein Polizei-Wachzimmer auf dem Bahnhof fordert, kommt in Fragen Sicherheit nun auch ein überraschender Vorstoß von ÖVP-Bürgermeister Klaus Schneeberger.
Schneeberger ortet aktuell ein Sicherheitsmanko. In einem Brief an seinen Parteikollegen, Innenminister Gerhard Karner, fordert der Stadtchef Sofortmaßnahmen um "Entwicklungen wie zum Beispiel am Wiener Reumannplatz im Keim zu ersticken".
Aktuell sieht Schneeberger "sicherheitspolitisch zwei große Herausforderungen, die das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung maßgeblich beeinflussen. Einerseits die Sicherheitslage am Bahnhof. Ich ersuche hier um Prüfung weiterer Maßnahmen, die zu einer Verbesserung für die Pendlerinnen und Pendler führen. Andererseits hat sich in den letzten Wochen eine deutlich spürbare Szene an Jugendgruppen, die in der Innenstadt ihr Unwesen treiben, gebildet."
Frauen in Angst
Speziell für Frauen stelle diese neue Lage eine "immenses Unsicherheitsgefühl" dar, meint Schneeberger.
Der Vorstoß mutet insofern überraschend an, weil sich die ÖVP in Absprache mit der Polizei und dem Innenministerium seit 2022 gegen ein Polizei-Wachzimmer auf dem Bahnhof ausspricht. Statt einer Polizeiinspektion wurde vor dort zwei Jahren eine Notrufsäule installiert.
Schutzzone seit 2017
Damals argumentierte man damit, dass die deutlich rückläufige Kriminalitätsentwicklung keine neue Inspektion rechtfertige. Durch die seit 2017 geltende Schutzzone am Bahnhof mit mehr Polizeipräsenz habe man Probleme wie Drogenkriminalität oder das Belästigen von Fahrgästen eingedämmt, meinte 2022 noch Vizebürgermeister und ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker.
Stadt wartet auf Vorschläge
Auch heute hat das Wachzimmer für die ÖVP keine Priorität. In dem Brief an Gerhard Karner fordert Schneeberger vom Innenministerium eine Prüfung, ob in Wiener Neustadt spezielle Schwerpunktaktionen wie auch an anderen Orten möglich seien.
Es gehe in erster Linie um zusätzliche personelle Ressourcen. „Wir warten auf Vorschläge des Ministers und sind überzeugt, dass er die richtigen Schlüsse aus der aktuellen Situation zieht und adäquate Maßnahmen setzt“, sagt Schneeberger.
Gemeint ist damit beispielsweise die neu gegründete Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Jugendkriminalität, kurz EJK. Eingerichtet wurde diese, weil sich die Zahl der von Jugendlichen und Kindern unter 14 Jahren begangenen Straftaten in den letzten zehn Jahren verdoppelt hat.
Die Einheit soll deshalb auch in Wiener Neustadt die Jugendkriminalität bekämpfen und Schwerpunktkontrollen in der Stadt durchführen.
Kriminalität wie vor der Pandemie
An der Kriminalitätsstatistik und den Anzeigen sieht Wiener Neustadts Stadtpolizeikommandant Manfred Fries jedoch keine signifikanten Ausreißer. Die Delikte seien in etwa auf dem Stand wie vor der Pandemie.
Wachzimmer "dringend und unumgänglich"
Der SPÖ geht diese Forderung nicht weit genug. "Grundsätzlich ist dieser Vorstoß natürlich begrüßenswert. Jede zusätzliche Maßnahme und Schwerpunktaktion, die hilft, die Sicherheitslage zu verbessern, ist richtig", sagt SPÖ-Vizebürgermeister Rainer Spenger. "Dennoch bleiben meine zwei wichtigsten Vorschläge am Tisch. Erstens brauchen wir mehr Polizistinnen und Polizisten in Wiener Neustadt. Und zweitens ist die Wiedereinrichtung des Wachzimmers am Bahnhof dringend und unumgänglich. Innenminister Karners Untätigkeit diesbezüglich ist mehr als unverständlich."