Geschichtsträchtige Familiengeschichten aus Baden
Von Markus Foschum
Der Undine-Brunnen im Badener Kurpark ist vielen bekannt. Weniger bekannt ist, dass die Gesichtszüge der Wassernymphe Undine jene von Mercédès Jellinek sind. Der Bildhauer Josef Valentin Kassin nahm 1902 das damals 13-jährige Mädchen als Modell für seine Statue. Und Mercédès Vater, der Diplomat, Autohändler und Sohn des Wiener Rabbiners, Emil Jellinek, wiederum verwendete ihren Namen für ein Automobil – ebenfalls 1902 trug diesen die Daimler-Motoren-Gesellschaft als Markenname ein.
Die Familie Jellinek hatte eine Villa in Baden, den „Mercedeshof“ in der Wiener Straße, von dem heute (bezeichnenderweise) nur mehr die Garage steht. Eines von etlichen Häusern in Baden, das Ausgangspunkt einer neuen Ausstellung im Kaiserhaus ist. „Sehnsucht nach Baden“ heißt die Schau und beleuchtet anhand der Villen die Geschichte ihrer Familien und damit auch die Geschichte des jüdischen Badens.
Prägend
1.108 Menschen jüdischen Glaubens gab es laut Volkszählung 1934 in Baden, hinter Wien und Graz war es demnach die drittgrößte jüdische Gemeinde Österreichs. In den Jahrzehnten davor hatte diese Bevölkerungsgruppe die Geschichte der Stadt geprägt und verändert.
Zehn Badener Villen und ihre Familiengeschichten stellt die Kuratorin Marie-Theres Arnbom im Rahmen der Schau ab 23. April vor. Mit Exponaten aus den Villen, Bauplänen, Porträts der Besitzer und großformatigen Bildern lässt die Ausstellung den früheren Glanz und auch den Niedergang nachvollziehen.
Noch heute zu sehen ist die Villa Gutmann in der Helenenstraße. 1882 wurde sie für Wilhelm und Ida Gutmann errichtet. Die Villa zählt zu den spektakulärsten Bauten des Späthistorismus. Der „Kohle-Gutmann“ führte das größte Kohleunternehmen in Österreich-Ungarn, wurde in den Ritterstand erhoben und war 1891 bis 1892 Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien.
Oder Gustav Heller – mit seinem Bruder Wilhelm die „Zuckerl-Hellers“. Der Süßwarenhersteller erwirbt 1907 eine Villa in Baden mit einer beeindruckenden gusseisernen Veranda, die von der Pariser Weltausstellung 1889 stammt. Nach 1938 müssen die Erben ihre Anteile „verkaufen“, der Komponist Heinrich Strecker erwirbt sie.
Der Rechtsanwalt Adolf Gallia wiederum kaufte 1882 eine Villa in der Weilburgstraße. Er gilt als einer der bekanntesten Patentanwälte Wiens und besorgte etwa die Patentierung und Finanzierung der Erfindungen Auer von Welsbachs, etwa für das berühmte Gasglühlicht.
„Wir widmen uns im Kaiserhaus Themen, die direkt mit Baden zu tun haben und für die Stadt wichtig waren. Nach Kaiser Karl und Beethoven sind es diese Familien mit jüdischen Wurzeln, die das Sommerleben in Baden bis 1938 prägten“, so Museumsdirektorin Ulrike Scholda.
„Sehnsucht nach Baden – Jüdische Häuser erzählen Geschichte(n)“ ist vom 23. April bis 6. November zu sehen.