Chronik/Niederösterreich

„Blackout kommt, die Frage ist nur wann“

Die junge Mutter im Hochhaus, die plötzlich die Milch fürs Baby nicht mehr wärmen kann und der Firmenchef, dessen Maschinen von einem Moment auf den anderen still stehen. Im Falle eines Blackouts mit großflächigem Zusammenbruch der europäischen Stromnetze sitzen Behörden, Private und die Wirtschaft in einem (dunklen) Boot und haben mit einer Lawine an Herausforderungen zu kämpfen. Beim „Blackoutgipfel“ der Wirtschaftskammer Niederösterreich suchten Verantwortungsträger und Experten nach Vorsorgemöglichkeiten und Strategien für den Ernstfall.

Nicht Panik wolle man verbreiten, sondern Bewusstsein schaffen für den Ernstfall des totalen Stromausfalls - der passiere laut Experten mit Sicherheit, aber zu einem unbekannten Zeitpunkt, versicherten WKNÖ-Präsident Wolfgang Ecker und einige der anderen Referenten. Die WK habe bereits acht Blackout-Veranstaltungen mit 250 Teilnehmern veranstaltet, so Ecker. Das Interesse sei enorm, die Fragen nach Notstromversorgung oder nach Möglichkeiten, im Krisenfall weiterarbeiten zu können, seien brennend.

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Am Energiesektor ist es zu einem Paradigmenwechsel gekommen. Stand zuletzt die Energiewende besonders im Mittelpunkt, so ist nun aufgrund des Ukraine-Krieges auch die Energieversorgung samt Blackoutproblematik, die eine Hauptrolle spiele, erklärte LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP). Neben europäischen Aspekten, etwa dass das Stromexportland Frankreich plötzlich Energie zum Heizen der Haushalte importiere, berichtete Pernkopf über Aktivitäten in NÖ. So fördert man die Ausrüstung von 460 Feuerwehrhäuser mit Notstromaggregaten für Blackoutsituationen. In den Gemeinden versuche man besonders die Wasserver- und -entsorgung durch Pumpen zu sichern.

Energielenkung

Zum aktuellen Versorgungsthema berichtete Pernkopf, dass sich am Dienstag der NÖ Energielenkungsbeirat konstituiert hat. Netzbetreiber, Energieversorger und Sozialpartner sind in dem Gremium. Dieses muss bei Engpässen in Kooperation mit dem Bund über Stromzuteilungen entscheiden. In den nächsten 14 Tagen werde man drei Szenarien mit unterschiedlicher Dramatik entwickeln, um sie dann durchspielen zu können, so Pernkopf.

In Erinnerung an den 8. Jänner 2021, aber auch an andere Ereignisse, bei denen Europa knapp am Blackout vorbeischrammte, lieferten EVN-Vorstandschef Franz Mittermayer und EVN-Sprecher Stefan Zach interessante Fakten. Durch die intensive Verbundenheit der europäischen Stromnetze dauere es nur 15 Sekunden, bis es im schlimmsten Fall am Kontinent finster sei, so Mittermayer. Beim Blackout müsse mindestens mit einer drei- bis viertägigen Dauer gerechnet werden, „es kann aber auch 14 Tage dauern, bis das Netz wieder aufgebaut ist“, nannte der EVN-Chef die sensible 50 Herz-Frequenz in den Netzen als Grund.

Ein Knackpunkt sei auch, erneuerbare Energie aus Wind und Fotovoltaik bei Minderbedarf über die Netze abzutransportieren. Zu bestehenden 90 Umspannwerken baue die EVN bis 2030 40 neue und investiere jährlich 200 Millionen Euro in neue Leitungen, schilderte Zach.

Den Appellen der EVN-Manager, private Vorsorge zu treffen, schlossen sich der Präsident des NÖ-Zivilschutzverbandes (ZV), Christoph Kainz, und NÖ Militärkommandant Martin Jawurek an. Hat der ZV die individuelle Vorsorge der Menschen im Blickfeld, so bereitet sich das Heer vor, gemeinsam mit den Blaulichtorganisationen und den Behörden zu helfen. Alle 21 nö. Kasernen sollen zu energieautarken Inseln werden.