Chronik/Niederösterreich

Warum Ardagger die Gemeinde mit der besten Bonität in NÖ ist

In der Rangliste der finanzstärksten Gemeinden Österreichs belegte  die Mostviertelgemeinde Ardagger im Bezirk Amstetten heuer in Niederösterreich den ersten Platz und österreichweit den achten. Seit 13 Jahren findet sich Ardagger bereits immer im Spitzenfeld der jährlich vom Verwaltungszentrum KDZ analysierten Top-250-Gemeinden.

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Bürgermeister und Gemeindepräsident Johannes Pressl (ÖVP) ist stolz auf die Leistung, prophezeit für seine Kommune aber aufgrund notwendiger Investitionen und damit neuer Schulden ein Abrutschen im Ranking.

Drohende Pleite

Ein Schockerlebnis in den 1980er-Jahren, als die Gemeinde vor der Pleite stand, habe ein grundsätzliches sparsames Wirtschaften zum Gemeindeprinzip gemacht, schildert Pressl. „Wir versuchen, bei jeder Planung und bei jedem Projekt nicht bis zum äußersten Limit zu gehen“, schildert er. 

Die  Gemeinde besteht seit der Zusammenlegung in den 1970er-Jahren aus vier recht eigenständigen Katastralgemeinden Ardagger Markt, Ardagger Stift, Kollmitzberg und  Stephanshart. Die Finanzstabilität sei jedenfalls nicht durch große Einnahmen, etwa aus Kommunalsteuern erreicht worden, so der Gemeindechef. Vielmehr sei Sparsamkeit angesagt, stellt er klar. Am Gemeindeamt werde "jeder Euro zweimal umgedreht“, bevor er ausgegeben wird.

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Dennoch kennt Pressl auch einige Faktoren, die sich als Erfolgsrezepte für die solide Finanzgebarung zeigen:

Gemeindepersonal

Der Personaleinsatz bei der Gemeindeverwaltung seiner 3.600 Einwohner zählenden Kommune sei sehr sparsam angesetzt, sagt er.

Auslagerungen 

Ebenso hätten sich Auslagerungen von Aufgaben, wie die Einhebung von Abgaben an den Gemeindeverband als höchst effizient erwiesen. "Bei einer Abgabensumme von einer Million Euro kostet uns der Verwaltungsaufwand des Verbandes 22.000 Euro im Jahr. Müsste die Gemeinde die EDV und das Personal dafür selbst bereitstellen,  wären die Kosten bei 80.000 bis 120.000 Euro“, rechnet der Gemeindebundpräsident vor.

Erneuerbare Energie

Ebenfalls als sehr zufriedenstellend im laufenden Betrieb hat sich in Ardagger die frühe Montage von gemeindeeigenen PV-Anlagen, mit derzeit an 800 kwp samt Speicheranlagen herausgestellt. Pressl: "Wie sich gezeigt hat, ist Strom, den man selber hat, billiger als zugekaufter“. 

Flächendeckendes Breitband 

Auffällig in Ardagger ist auch, dass es in der großflächigen Gemeinde durch massives Eigenengagement bereits ein fast flächendeckendes verlegtes Breitbandnetz gibt, ohne dabei im Schuldensumpf zu versinken.

Dennoch werden die Gemeindefinanzen nun durch massive Investitionen in "wichtige Zukunftsprojekte“ ordentlich strapaziert. Gut acht Millionen Euro sind für den Ausbau des Schulzentrums und der Kindergärten geplant. Dass zwei Volksschulen in Kollmitzberg und Stephanshart aufgelöst werden und ins Schulzentrum Stift Ardagger integriert werden, habe natürlich in den Orten für Wehmut gesorgt. 

Effizienz 

"Aber, wenn für Schulen und Kindergärten eine Nachmittagsbetreuung angeboten werden soll, dann  ist das an zentraler Stelle effizienter als beispielsweise das Mittagsessen an drei Stellen liefern zu müssen“, sagt der Ortschef.

Investiert wird auch in die Sicherheit, aktuell in zwei Feuerwehrhäuser. Und am Kollmitzberg ist die Gemeinde selbst Bauherr, um im alten Pfarrhof sechs Wohnungen zu errichten.

Im Zuge der Statements zum aktuellen Gemeinderanking macht Pressl auch auf den Druck und die prekäre finanzielle Lage der Gemeinden aufmerksam. Die wirtschaftliche Lage sei trist, österreichweit hätten 40 Prozent der Kommunen keinen finanziellen Spielraum mehr. Sie müssen sogar finanziell zusätzlich unterstützt werden, um den laufenden Betrieb bewerkstelligen zu können, berichtet der Präsident auf seinem Blog.

Für das jährliche KDZ-Ranking analysiert wird, ob eine Gemeinde einen ausreichenden finanziellen Spielraum hat, um ihre operativen Ausgaben zu decken und Investitionen zu tätigen.

Rechnungsabschlüsse

Neben dem laufenden Betrieb werden auch Investitionen, Investitionszuschüsse und die Verschuldung in die Analyse miteinbezogen. Das Bonitätsranking 2024 basiert auf den Rechnungsabschlussdaten der Gemeinden für die Jahre 2020 bis 2022 (Daten der Statistik Austria).