Spurensuche in Burgenlands Synagogen
Von Michael Pekovics
Etwa 3.800 Juden lebten laut einer Schätzung vor dem Jahr 1938 im Burgenland. Dass sich das Land zu seinem jüdischen Erbe bekennt, wird derzeit durch mehrere Projekte in verschiedenen Synagogen sichtbar. So wie zum Beispiel in der jüngst restaurierten ehemaligen Synagoge Stadtschlaining, wo am Mittwoch die Ausstellung „Spurensuche. Fragmente jüdischen Lebens im Burgenland“ eröffnet wurde.
Im Zentrum der von Christof Cremer kuratierten Ausstellung stehen Menschen und ihre Geschichte(n). Erzählungen, Alltagsgegenstände, Kleidungsstücke, Traditionen und Familiengeschichte, gewähren einen Einblick in das Leben der damaligen Zeit. Neben der Ausstellung beherbergt die ehemalige Synagoge heute auch einen Ort des Gedenkens und der Erinnerung an die 1938 vertriebene und vernichtete jüdische Bevölkerung des Südburgenlandes.
Die jüdische Geschichte im Burgenland war regional unterschiedlich. Im Süden bildeten sich unter dem Schutz der Familie Batthyány Gemeinden in Rechnitz, Schlaining und Güssing. Die ehemaligen jüdischen Gemeinden im heutigen Nord- und Mittelburgenland werden als „Siebengemeinden“ bezeichnet und entstanden unter Esterházyscher Herrschaft im damaligen Ungarn. Zu den Siebengemeinden zählten Eisenstadt, Mattersburg, Lackenbach, Frauenkirchen, Kittsee, Deutschkreutz und Kobersdorf.
Synagoge
Das griechische Wort synágein bedeutet „zusammenkommen“ oder „versammeln“. Das Wort „Synagoge“ bezeichnet zunächst die sich versammelnde Gemeinde. Es korrespondiert mit dem hebräischen Wort Bet HaKnesset (Haus der Versammlung). Die Synagoge ist aber nie ausschließlich liturgischer Ort, sondern religiöses, kulturelles und manchmal auch soziales Zentrum einer jüdischen Gemeinde.
Auch die Synagoge in Kobersdorf wird derzeit aufwendig renoviert. „Die Synagoge ist Zeugin einer lebenden jüdischen Kultur und es ist gleichzeitig ein Mahnmal“, sagt der burgenländische Landeskonservator Peter Adam. Ziel war es, so viel Originalsubstanz wie möglich zu erhalten. Dabei wurden Wandbeschriftungen freigelegt und die Wandmalerei um den ehemaligen Thorabereich wiederhergestellt. Auch die Türen wurden restauriert und die nicht mehr vorhandenen Fenster und Luster nach den Originalen von 1860 erneuert.
3,5 Millionen Euro hat das Land investiert, am 26. April ist die Eröffnung geplant. Ab dann soll die ehemalige Synagoge für Veranstaltungen sowie als Wissenschafts- und Bildungszentrum mit dem Fokus auf regionaler, jüdischer Kultur und Geschichte genutzt werden.
Bewegte Geschichte
Die Synagoge wurde 1859 in der Nähe des einstigen Bethauses errichtet und am 11. April 1860 eröffnet. Im März 1938 kam es zur Schändung durch die Nazis, das Gebäude wurde ein SA-Heim. Eine Sprengung konnte verhindert werden. 1948 war die Synagoge an die IKG restituiert worden, ein Jahr später wurde sie an einen Verein zur Erhaltung und kulturellen Nutzung verkauft. Seit 2019 ist das Land Eigentümerin.
Gedenkstätte in Kemeten wird enthüllt
Lange Jahre war darüber diskutiert worden, ob es in der südburgenländischen Gemeinde Kemeten eine Gedenkstätte für die während der Zeit des Nazi-Regimes vertriebenen Roma und Sinthi geben soll. Mehrere Versuche scheiterten immer wieder am Widerstand aus der Gemeinde. Schlussendlich konnte man sich auf eine Gedenktafel einigen, die an alle Vertriebenen der Nazi-Zeit erinnert. Gestaltet wurde sie von Künstler Andreas Lehner.
Die Gedenktafel wird nun am kommenden Sonntag um 14 Uhr am örtlichen Friedhof enthüllt. Auf dem Mahnmal findet sich auch ein QR-Code, der zur Homepage gedenkweg.at/gedenkort-kemeten führt. Dort sind ausführliche historische Hintergrundinformationen über die Kemeter Opfer des Nationalsozialismus nachzulesen.