Sanierung der Synagoge Kobersdorf vor Abschluss
Es ist ein ganz besonderes Kulturjuwel, das man in der Schlossgasse im mittelburgenländischen Kobersdorf findet. Beinahe 162 Jahre ist es her, dass hier zur Zeit des Pessach-Festes im April 1860 die Synagoge eröffnet worden war. Jüdische Bewohner gibt es heute keine mehr im Ort. Das Haus ist eines der letzten Zeugnisse des Judentums im Burgenland.
Um es vor dem Verfall zu retten, hat das Land das unter Denkmalschutz stehende Gebäude gekauft. Nach eineinhalbjähriger Renovierungsdauer kamen am Mittwoch Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ), IKG-Vizepräsidentin Claudia Prutscher und Landeskonservator Peter Adam zu Besuch.
Das Burgenland habe für die jüdische Gemeinschaft „eine „sehr tiefe Bedeutung – weltweit“, betont Prutscher. Von den einstigen Siebengemeinden des Bundeslandes, zu denen auch Kobersdorf zählte, leben heute Nachfahren in vielen Ländern der Erde. Eine aktive jüdische Gemeinde gibt es im Burgenland nicht mehr. Für die „sensible Renovierung des Kulturjuwels“ in Kobersdorf wolle sie sich bedanken, sagt Prutscher.
"Bewegte Geschichte"
„Das Gebäude hat eine bewegte Geschichte hinter sich“, erklärt der Landeshauptmann. Er verweist auf das Hochwasser 1895, das der baulichen Substanz zugesetzt hatte, sowie auf die Zeit des Nationalsozialismus. „1938 hat es eine schreckliche Zäsur“ gegeben, so Doskozil. Die Synagoge wurde von den Nazis geschändet, Einrichtungsgegenstände vernichtet. Dem Land sei es ein großes Anliegen, das jüdische Erbe zu bewahren.
„Mit dem Erwerb und der Sanierung der Synagoge sichern wir eine wertvollen und von den Nazis zerstörten Teil der burgenländischen Identität. Und wir setzen ein sichtbares Zeichen der Wiedergutmachung und der verantwortungsbewussten Erinnerungskultur“, sagt Doskozil.
Das Gebäude wurde in Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt renoviert. „Die Synagoge ist Zeugin einer lebenden jüdischen Kultur und es ist gleichzeitig ein Mahnmal“, erklärt Adam. Ziel sei es gewesen, so viel Originalsubstanz wie möglich zu erhalten. Dabei wurden etwa Wandbeschriftungen freigelegt und die Wandmalerei um den ehemaligen Thorabereich wiederhergestellt. Auch die Türen wurden restauriert und die nicht mehr vorhandenen Fenster und Luster nach den Originalzustand von 1860 angefertigt.
3,5 Millionen Euro hat das Land investiert, Ende April ist die Eröffnung geplant. Ab dann soll die ehemalige Synagoge für Veranstaltungen sowie als Wissenschafts- und Bildungszentrum mit dem Fokus auf regionaler, jüdischer Kultur und Geschichte genutzt werden. Ein Beirat wird das Programm abstimmen, um der Würde des Hauses gerecht zu werden.
Die "Siebengemeinden"
Unter dem Begriff Siebengemeinden (hebräisch Schewa Kehilot), werden ehemals jüdische Gemeinden im heutigen Nord- und Mittelburgenland bezeichnet, die unter der Esterházyschen Herrschaft im damaligen Ungarn entstanden sind.
Zu den Siebengemeinden zählten neben Kobersdorf auch Eisenstadt, Mattersburg, Lackenbach, Frauenkirchen, Kittsee und Deutschkreutz.
3.800 Juden lebten im Burgenland
Etwa 3.800 Juden lebten laut einer Schätzung bis zum Jahr 1938 im Burgenland.
1529 siedelte sich der erste Jude in Kobersdorf an, das ist im Buch „Die ehemalige jüdische Gemeinde Kobersdorf" von Erwin Hausensteiner zu erfahren. 1828 gab es 746 jüdische Kobersdorfer – was etwa die Hälfte der Gesamtbevölkerung des Ortes bedeutete.
1859 wurde die Synagoge in der Nähe des einstigen Bethauses errichtet und am 11. April 1860 eröffnet.Im März 1938 kam es zur Schändung durch die Nazis, das Gebäude wurde ein SA-Heim. Eine Sprengung konnte verhindert werden.1948 war die Synagoge an die IKG restituiert worden, ein Jahr später wurde sie an einen Verein zur Erhaltung und kulturellen Nutzung der Synagog verkauft. Seit 2019 ist das Land Eigentümerin.