Hitze macht den Zugvögeln schwer zu schaffen
Ausgetrocknete Seen, leere Lacken und große Hitze: Der Klimawandel hat auch für die Tierwelt einschneidende Folgen. Eine davon ist die Krankheit Botulismus. Dabei handelt es sich um eine durch das Bakterium Clostridium botulinum verursachte Vergiftung, wie Veterinärmedizinerin Claudia Herka erklärt. Beinahe täglich sind sie und ihr Team derzeit im Seewinkel unterwegs, um kranke Wildvögel vor dem qualvollen Tod zu retten. In ihrem Tierheim in Parndorf (Bezirk Neusiedl am See) werden die Tiere gesund gepflegt.
„Wir kennen das Problem ja schon aus den vergangenen Jahren“, sagt Herka. Deshalb wisse sie, dass es wichtig sei, so früh als möglich mit der medizinischen Versorgung zu beginnen.
Das Bakterium entsteht in warmen Gewässern unter Sauerstoffabschluss. Die Vögel nehmen das Gift über die Nahrung und über das Wasser auf. Es verursacht Lähmungen, die Tiere sterben qualvoll. Dieses Jahr sei die Anzahl der zu betreuenden Wasservögel aufgrund ausgetrockneter Lacken und des Zicksees sowie des gesunkenen Wasserspiegels des Neusiedler Sees allerdings besonders hoch.
Betroffen sind sämtliche Wasser- und Wattvögel, die im Seewinkel auf der Durchreise sind und die teilweise schon sehr selten vorkommen. Dazu zählen unter anderem der Säbelschnäbler, Stelzenläufer und Kampfläufer sowie verschiedene Möwenarten, darunter Lach-, Schwarzkopf- und Silbermöwen. Die Vögel werden medizinisch versorgt.
„Lebensrettend ist vor allem eine großzügige Flüssigkeitszufuhr in Form einer Infusion, damit das Gift über die Nieren aus dem Körper ausgeschwemmt wird.“ Wichtig ist zudem, so Herka, die geschwächten Vögel rechtzeitig einzusammeln, um sie retten zu können. „Die, die wir rechtzeitig erwischt haben, sind alle gesund geworden.“
Frühe Erwärmung als Problem
Was heuer besonders war, sei der Umstand, dass die Erwärmung des Wassers schon von der Jahreszeit gesehen relativ früh begonnen habe – vermutlich schon Ende Juni. In den Vorjahren, so die Tierärztin, ist das Botulismus-Problem erst Ende August, Anfang September virulent geworden. Durch die heuer sehr zeitige Erwärmung sind zudem sehr viele Jungtiere von der Krankheit betroffen gewesen. Würden sie alle sterben, fiele die gesamte Nachzucht des Jahres aus.
„Bei den Wildtieren habe ich die Perspektive, dass ich sie nach einer gewissen Zeit wieder freilassen kann“
Tierheim–Betreiberin
Besonders kritisch ist heuer auch, dass den Vögeln durch die Austrocknung die Nahrungsgrundlage wegfällt. Der Futtermangel hat auch dazu geführt, dass viele Vögel sehr geschwächt sind und leichter an Botulismus erkranken, erklärt die Expertin.
Zwischen drei und sieben Tagen dauert die Behandlung. Ob sie ihre gefiederten Patienten bald in die Freiheit entlassen kann, sei noch ungewiss. Bei den selten vorkommenden Zugvögeln überlegt sie gemeinsam mit Biologen, ob die Tiere im Heim – untergebracht in Volieren – überwintern sollen. Und das, obwohl die durch Spenden finanzierte Einrichtung schon aus allen Nähten platzt.
„Es ist wirklich katastrophal“, sagt Herka. Viele Hunde und Katzen hat sie schon in ihrer Obhut. „Die Leute entledigen sich ihrer Tiere, das ist schon jenseits von Gut und Böse.“ Vergaben von Hunden oder Katzen finden kaum statt, die Vierbeiner müssen teilweise bis zu zwölf Jahre bleiben. Wildtiere verursachen bei der Behandlung zwar mehr Kosten, aber: „Bei den Wildtieren habe ich die Perspektive, dass ich sie nach einer gewissen Zeit wieder freilassen kann.“