Chronik/Burgenland

Entspannt am Wahlsonntag: Wenn Bürgermeister nicht mehr antreten

Wie verbringt ein langjähriger Bürgermeister, der dieses Mal nicht mehr antritt, den Wahlsonntag? „Locker und entspannt“, meint Wilhelm Müller lachend. Zehn Jahre lang war Müller ÖVP-Ortschef in Weiden bei Rechnitz, dieses Mal tritt der 67-Jährige in der Gemeinde mit den landesweit meisten Ortsteilen (11) nicht mehr an. Am Vormittag stehen Kirchgang und Erntedankfest auf dem Programm, davor gehe er wählen.

Er will auch kurz in der Gemeindestube vorbeischauen, aber ohne Aufgabe: „Ich bin nur noch Zuschauer“, sagt Müller.

Zurücklehnen kann sich Müllers Kollegin Friederike Reismüller am Sonntag noch nicht. Die längstdienende Bürgermeisterin des Burgenlandes will ihre 25 Amtsjahre in Forchtenstein zwar nicht weiter verlängern, aber als noch amtierende Bürgermeisterin und Wahlleiterin steht ihr dennoch ein 12-Stunden-Tag bevor.

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Anders als Müllers ÖVP im südburgenländischen Weiden hat Reismüllers SPÖ in der Rosaliagemeinde im Landesnorden nämlich keine Mehrheit im Gemeinderat – ein Bürgermeisterwechsel vor dem regulären Wahltermin war deshalb in Forchtenstein nicht möglich.

Bis zum letzten Tag

Worauf sich Reismüller freut, wenn die Wahl vorbei und das Amt an den Nachfolger übergeben ist? „Endlich mehr als eine Woche zu verreisen“ – nach Madagaskar etwa.

Auch der Bad Tatzmannsdorfer SPÖ-Bürgermeister Gert Polster verbringt den Sonntag noch als Wahlleiter – und auch den Sonntag danach bei der Bundespräsidentenwahl. Dann ist Schluss mit der Politik, der Historiker will sich ganz auf seinen Job als Leiter der Sammlungen des Landes konzentrieren.

Schon in Pension ist Rudolf Geissler, 15 Jahre lang ÖVP-Bürgermeister in Oberpullendorf. Nachdem er sein Amt schon vor einigen Monaten übergeben hat, ist dieser Wahlsonntag für ihn „vom Stressfaktor her um Stufen niedriger“ als frühere Wahltage. Auf andere habe er zwar immer sehr gelassen gewirkt, aber „natürlich ist man an diesem Tag innerlich total angespannt“, erzählt Geissler. Erst jüngst hätten sich seine Frau und er daran erinnert: Beim kurzen Mittagessen am Wahlsonntag sei meist geschwiegen worden. Geissler: „Meine Frau hat gewusst, dass sie mich da am besten nicht anredet.“