Dietmar Kerschbaum: Von Grieselstein nach New York und zurück
Von David Marousek
Der Vater ein Kriminalinspektor, die Mutter Hausfrau mit vier Kindern – der musikalische Weg Dietmar Kerschbaums war familiär nicht wirklich vorprogrammiert. Als er sich nach Rücksprache mit seiner Mutter für das Musikgymnasium entschied, war das der Anfang seiner Karriere.
„Diese Zeit hat mich unglaublich geprägt, der erste Kontakt zur Musik hat mich verändert“, erklärt Kerschbaum. Eigentlich startete der Grieselsteiner mit dem Studium der Trompete, auf Empfehlung seines damaligen Lehrmeisters wechselte er jedoch für Schauspiel und Gesang auf die Universität Wien.
Musik, sonst Landwirt
Während seines Schauspielstudiums schwor sich Kerschbaum: „Wenn ich bis 28 musikalisch nichts erreiche, dann hör ich auf.“ Die Alternative? „Ich wäre wohl Landwirt geworden“, lacht der Grieselsteiner.
Doch aus dem Notfallplan wurde nichts. Als jüngster „Eisenstein“ in der Geschichte des Hauses spielte er an der Wiener Volksoper die Operette „Fledermaus“. So begann seine Weltkarriere als Sänger: „Ich darf sagen, dass ich als Südburgenländer in allen großen Theaterhäusern debütiert und mit allen internationalen Orchestern zusammengearbeitet habe.“ Unter anderem spielte er auch an der Metropolitan in New York. „Das ist der Olymp für Sänger“, erinnert sich Kerschbaum.
Über 2.000 Vorstellungen sind es schlussendlich geworden. Dietmar Kerschbaum steht auch jetzt noch fallweise als Sänger auf der Bühne. So wird er etwa zu Silvester im Brucknerhaus in Kálmáns „Die Csardasfürstin“ singen. Als Sänger wollte er jedoch nie alt werden. In den vergangenen Jahren wurden die „Stars“ zu „Mega-Stars“ – eine Entwicklung, die Kerschbaum nicht mittragen wollte: „Das sind keine qualitativen Merkmale mehr, sondern Verkaufsbegriffe.“ Wenn er jedoch offiziell in Pension gehe, dann wird es ein „kreativer Ruhestand“ werden: „Ich will nicht als alter Depp irgendwas leiten.“
Ukrainischer Dienstag
Der russische Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 drang auch in die Kulturwelt ein – mit Auswirkungen auf eine Benefizkonzertreihe in Kooperation mit St. Petersburg. „Wir hatten immer russische Dienstage, aber an dem Tag, an dem Russland in die Ukraine eingefallen ist, habe ich die gecancelt und daraus ukrainische Dienstage gemacht“, erklärt er.
Man müsse „mit der Institution und den Nutznießern brechen“. Die russisch-österreichische Opernsängerin Anna Netrebko habe sich für Kerschbaum zu spät deklariert. Diskriminierung von russischen Künstlern, die den Angriffskrieg nicht gut heißen, dulde er aber nicht. „Alle die sich für den Krieg deklarieren, denen verbiete ich jegliche Auftritte in meinen Institutionen. Alle anderen sind herzlichst willkommen“, führt Kerschbaum aus.
Beruflich
Dietmar Kerschbaum wurde am 29. Juli 1970 geboren. Aktuell ist er Intendant des Brucknerhauses in Linz, sowie künstlerischer Vorstandsdirektor der Linzer Veranstaltungsgesellschaft.
Auszeichnungen
Kerschbaum gewann den Eberhard-Waechter-Preis der Wiener Staatsoper und wurde 2013 mit dem Großen Ehrenzeichen des Landes Burgenland ausgezeichnet.
2.000 Vorstellungen
Über 2.000 seien es laut Kerschbaum in seiner Karriere als Sänger gewesen.
Abseits der Kriegsgeschehnisse ist Kerschbaum auch international unterwegs: „Ich bin in beratender Funktion in Kanada, Amerika und dem asiatischen Markt unterwegs.“ Auch ein großes Museumsprojekt in Wien werde er übernehmen. Mit Peking sei man im Gespräch bezüglich des Brucknerjahres 2024 (200. Geburtstag von Anton Bruckner).
Gründer von „jOPERA“
In Bälde ist auch ein Kompetenzzentrum für Jugendliche im Südburgenland angedacht: „Meine Sozialprojekte mit Kindern und Jugendlichen sind mir sehr wichtig.“ Hier ist Kerschbaum als Obmann des Vereins „Resonanzraum“ aktiv und betreut diverse Projekte. Im Südburgenland ist Kerschbaum seit 2002 in kultureller Funktion aktiv – als Gründer und Intendant des „jOPERA Jennersdorf Festivalsommers“ wurden bis 2020 rund 50 Veranstaltungen organisiert.
2017 begann dann seine Tätigkeit als Intendant des Brucknerhauses in Linz. Dort veranstaltet Kerschbaum unter anderem die Klangwolke (siehe Foto), das „Ahoi!-Pop-Festival“ und alle Events im Brucknerhaus sowie das Brucknerfest und den Linz-Marathon.