Wiener Notschlafstellen stoßen an ihre Grenzen

Auch Schauspieler Josef Hader (M., mit Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner und dem Obdachlosen Herbert) unterstützt die Winterpaket-Aktion.
Viele Obdachlose mussten abgewiesen werden. Caritas bittet um Winter-Spenden für die "Gruft".

Trotz der zahlreichen Notquartiere in Wien schlafen nach Schätzungen der Caritas täglich einige Hundert Obdachlose im Freien – auch im Winter. Um das Leid der Betroffenen zu mildern, ruft die von der Hilfsorganisation betriebene Obdachloseneinrichtung "Gruft" einmal mehr zum Spenden auf. Für 50 Euro kann ein "Winterpaket" erworben werden, das eine warme Mahlzeit und einen Schlafsack umfasst.

"Schenken Sie Wärme für einen Obdachlosen. Das Motto muss lauten: Spenden statt Strafen", warb Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner in einer Pressekonferenz am Mittwoch, die in der Gruft stattfand. Obwohl die Caritas der Erzdiözese Wien mehr als 1.000 Beherbergungsplätze in 17 Einrichtungen anbietet, findet nicht jeder Betroffene einen Platz.

Unterkünfte überfüllt

"Im Sommer mussten viele Hilfesuchende abgewiesen werden. Und auch jetzt sind die Notunterkünfte bereits gefüllt.“ Die Situation sei angespannt, aber unter Kontrolle. „Das sind durchaus dramatische Situationen für unsere Mitarbeiter, denn wie sage ich einem Obdachlosen, dass er wieder hinaus in die Kälte muss", erklärte Schwertner. Um diesen Menschen trotzdem Unterstützung geben zu können, bittet die Caritas nun um Spenden.

"Wer die Streetworker wie ich bei der Arbeit begleiten durfte, sieht: Es kann noch so viele Notquartiersplätze geben, es wird immer auch Menschen in dieser Stadt geben, die diese Hilfe nicht annehmen können – etwa weil sie psychisch krank sind oder sich schämen. Diese Menschen mit einem Schlafsack und einer warmen Mahlzeit zu unterstützen, scheint mir um vieles sinnvoller, als sie von einem Ort zum nächsten zu jagen, in der Hoffnung, sie mögen sich irgendwann in Luft auflösen“, sagte Kabarettist Josef Hader, der die wie schon im Vorjahr die "Winterpaket"-Aktion unterstützt.

Auch das 2012 eingerichtete Kältetelefon der Caritas ist ab sofort wieder rund um die Uhr besetzt. Unter der Nummer 01/480 45 53 können Bürger Informationen wie Zeit, Ort und Beschreibung einer hilfsbedürftigen Person an die Gruft-Mitarbeiter weiter geben. Auch per E-Mail (kaeltetelefon@caritas-wien.at) kann man sich an die Hilfseinrichtung wenden.

Während der Wintermonate werden außerdem verstärkt Sozialarbeiter unterwegs sein, um Menschen, die auf der Straße leben, zu helfen Sie bieten Hilfe an, verteilen Schlafsäcke und versuchen, Obdachlose in Notunterkünfte zu bringen.

Mehr Bedürftige als je zuvor

Dass Unterstützung wichtig ist, zeigen auch die Zahlen: 2012 wurden 19.453 Nächtigungen in der Gruft verzeichnet. 6.300 Menschen, so viele wie nie zuvor, wandten sich mit Wohnproblemen im vergangenen Jahr an die Caritas. 2011 waren es noch 6.100 Menschen. Auch die Zahl jener, die in die Gruft zum Essen kommen, steigt: 2012 wurden 97.285 Mahlzeiten ausgegeben. Zum Vergleich: Im Jahr 2001 waren es noch 58.500.

"Europa ist ein reiches Land, aber an Orten wie dem Wiener Stadtpark wird sichtbar, dass dieser Wohlstand nicht alle betrifft. Wenn die EU nicht dagegen steuert, droht uns ein sozialer Tsunami. Die Politik muss die Weichen stellen, damit aus der Wirtschaftsunion auch eine Sozialunion wird", forderte Schwertner und erinnerte an die Vorkommnisse im Oktober, als Obdachlose von der Polizei aus dem Stadtpark vertrieben wurden.

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Notbetten im Keller des Pfarrhaus, zusätzliche Matratzen in den Zimmern einer anderen Notschlafstelle: Die Einrichtungen in Graz, die obdachlosen Menschen zumindest über Nacht einen warmen Platz ermöglichen, sind nahezu voll. Allein die Vinziwerke betreuen derzeit 230 Menschen.

„Viel Kapazität haben wir nicht mehr“, bedauert die Koordinatorin der Vinziwerke, Nora Musenbichler. „Ab jetzt gibt es nur noch Notbetten.“ Dort sind es vor allem viele Roma-Familien aus Rumänien, die derzeit Hilfe benötigten, betont Musenbichler. Sie finden sonst nirgendwo Unterschlupf. Seit dem Sommer kümmert sich Pfarrer Wolfgang Pucher um die Betroffenen, die großteils in verdreckten Abbruchhäusern ohne Wasser oder Sanitäranlagen schliefen oder einfach nur in Parks übernachteten. Unter ihnen auch viele Kinder, sogar Babys. Sie hat der Pfarrer unter seiner Kirche einquartiert.

Doch damit sind die Möglichkeiten der Vinziwerke erschöpft. Auch die anderen Häuser wie „VinziNest“, „VinziSchutz“ oder „VinziTel“ sind voll. „Wir werden natürlich niemanden wegschicken“, versichert Musenbichler. Notfalls würden Matratzen hergerichtet.

Sie merkt jedoch an, dass Obdachlosigkeit längst ein Ganzjahres-Thema geworden sei, bloß falle es in der kälteren Jahreszeit mehr auf. „Es ist keine saisonale Geschichte mehr. Wir sind das ganze Jahr voll, Sommerloch gibt’s bei uns keines.“ Das liege an der zunehmenden Armut und werde sichtbar, wenn Delogierungen anfallen. „Im Sommer gibt es dann vielleicht noch die Option Parkbank. Aber sogar das fällt jetzt weg.“

Lage verschärft sich

Ähnlich ist die Situation in den Einrichtungen der Caritas Steiermark. Das „Haus Elisabeth“, eine Notschlafstelle für Frauen und ihre Kinder, ist überbelegt. Zusätzliche Betten und Matratzen wurden bereits aufgelegt. Auch die „Arche 38“, die Notschlafstelle für Männer“, liege fast schon an einer Auslastung von 100 Prozent, heißt es seitens der Caritas. Sowohl Caritas als auch Vinziwerke befürchten, dass sich die Lage verschärft, umso kälter es wird.

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