Gerichte lassen Dolmetscher jahrelang auf ihr Geld warten
Es ist eine Erhebung, die viele den Kopf schütteln lässt. Der ÖVGD (Österreichischer Verband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Dolmetscher) befragte seine Mitglieder zur Zahlungsmoral der Behörden. Das überraschende Ergebnis: Durchschnittlich sind sie den Dolmetschern 2.700 Euro schuldig.
Auf alle 730 Mitglieder hochgerechnet ergibt das eine Gesamtsumme von geschätzt zwei Millionen Euro, die trotz beendeter Aufträge noch nicht ausbezahlt wurde. Rund die Hälfte der Betroffenen wartet zwischen sieben Monaten und einem Jahr auf Geld. 17 Prozent der Umfrageteilnehmer haben noch Gebührennoten offen, auf die sie seit zwei bis fünf Jahren warten. Der höchste offene Betrag wurde aus Salzburg mit mehr als 30.000 Euro gemeldet.
Keine Fristen
Gegen die unterdurchschnittliche Bezahlung (keine Erhöhung seit 2007) kämpft der Verband schon seit Jahren an. ÖVGD-Präsidentin Andrea Bernardini empfindet es auch als „ungeheuerlich“, dass hier noch nichts passiert ist. Als Ursache für die schlechte Zahlungsmoral nennt sie: „Die Überlastung der Gerichtskanzleien und mangelndes Bewusstsein für die Arbeit gut vorbereiteter und gut ausgebildeter Leute“.
Seitens der Justiz argumentiert man, die Dauer der Auszahlung hänge mit der Gebührenbestimmung durch die Gerichte zusammen. Der Zeitraum zwischen Einreichung der Gebührennote und Auszahlung hänge vom Einzelfall ab.
Gesetzliche Fristen für die Behörden gibt es nicht, wie das Justizministerium bestätigt. Dort verweist man allerdings darauf, dass Dolmetscher die Möglichkeit haben, „gegen die vermutete Säumnis eines Gerichts vorzugehen“.
Das rät der ÖVGD auch betroffenen Mitgliedern. Umfrage-Autorin und ÖVGD-Sprecherin Elisabeth Prantner-Hüttinger: „Wir warten immer alle durchschnittlich auf 2.000 bis 3.000 Euro an ausständigen Zahlungen“.
Anlass für die Umfrage in der Kollegenschaft war die Corona-Krise. „Mir war wichtig, den Vergleich aufzuzeigen: Hätten die Behörden die offenen Summen bezahlt, hätten viele von uns nicht um Geld aus dem Härtefonds ansuchen müssen – und der Staat hätte sich Geld gespart“, erklärt sie. Die Hoffnungen der Dolmetscher ruhen nun auf einem Gespräch im Ministerium in der kommenden Woche.
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